Gestern Abend hat Apple erwartungsgemäß das iPhone 6s und das größere iPhone 6s Plus angekündigt. Wer mit einem dieser Smartphones fotografiert, erhält nun Aufnahmen mit rund zwölf Megapixel statt bislang acht. Videos nehmen die neuen iPhones auf Wunsch in 4K-Auflösung auf. Neu ist die Funktion „Live Photos“, die Standbilder mit einem kurzen Videoclip kombiniert. Wie bisher bleibt ein optischer Bildstabilisator dem größeren Modell, dem iPhone 6S Plus, vorbehalten.

Die schlechteste Kamera ist die, die im entscheidenden Moment zuhause im Schrank liegt. Dann wird sich selbst ein anspruchsvoller Fotograf freuen, der üblicherweise mit einer kiloschweren DSLR-Ausrüstung unterwegs ist, wenigstens ein Smartphone eingesteckt zu haben. Sollte es sich dabei gar um ein halbwegs aktuelles iPhone handeln, braucht man sich um die technische Qualität der Fotos in aller Regel keine Sorgen zu machen – zumindest solange nicht, wie die Aufnahmen nicht in Postergröße gedruckt werden sollen.

iPhone 6s und iPhone 6s Plus

Äußerlich unterscheiden sich iPhone 6s (links) und iPhone 6s Plus (rechts) nicht von der Vorgängergeneration.
 

Seit dem iPhone 4S, das im Oktober 2011 erschien, hat sich Apple auf einen 8-Megapixel-Sensor beschränkt. Dessen Auflösung reicht für Prints in DIN-A4-Größe völlig aus und kann in Sachen Rauschverhalten sowie Dynamikumfang deutlich höher auflösenden Handy-Kameras auch heute noch durchaus das Wasser reichen. Doch Megapixel zählen offenbar immer noch. Da wollte Apple mit den neuen iPhones wohl nicht als altbacken gelten und hat die Auflösung der Hauptkamera nun auf zwölf Megapixel angehoben. Die zeichnet jetzt bei 4256 × 2848 Pixel im Format 3:2 auf – bislang hat Apple auf 4:3-Sensoren gesetzt. Die Änderung des Seitenformats war eigentlich ein längst überfälliger Schritt, denn wer gibt heute noch seine Aufnahmen im Format 4:3 aus? Das Seitenverhältnis der DIN-Formate liegt recht nah an 3:2, bei Ausgabe auf einem 16:9-Monitor ist der Beschnitt deutlich geringer als bei einem 4:3-Sensor.

Als Nebeneffekt (für den Fotografen) ermöglicht der 12-Megapixel-Sensor der neuen iPhone-6-Generation die Aufzeichnung von Videos in 4K-Auflösung (3840 x 2160 Pixel) bei 30 fps. Und weil Apple gerade ins Megapixel-Rennen eingestiegen ist, wurde auch die Auflösung der Frontkamera deutlich angehoben – auf jetzt fünf Megapixel. Video- und Fotoaufnahmen lassen sich bei der neuesten Generation des iPhones übrigens mit der Funktion „Live Photos“ kombinieren. Dabei zeichnet das iPhone einen kurzen Moment vor und nach der Fotoaufnahme als Video auf. Sobald man bei der Wiedergabe auf das Foto tippt, wird der kurze Clip abgespielt. Apple verspricht, dass die größere Pixeldichte bei den neuen iPhones keinen negativen Einfluss auf das Farbrauschen habe – das soll eine spezielle Anordnung des Bayer-Filters gewährleisten.

Dass der neue Bildwandler im Format 3:2 aufzeichnet, ist für Fotografen erfreulich. Ob die auf zwölf Megapixel gesteigerte Bildauflösung Vorteile bringt, bleibt fraglich. Enttäuschend ist dagegen, dass es auch bei der neuesten iPhone-Generation von Haus aus keine Möglichkeit zur Aufzeichnung im RAW-Format gibt – da sind einige (wenige) Android-Smartphones weiter. Das gilt umso mehr, als Apple kräftig an den Tonwertkurven schraubt, um Motive mit hohem Kontrastumfang gefälliger wiederzugeben. Nur die Kamera dürfte also kaum einen Anlass bieten, auf die neueste iPhone-Generation zu wechseln, zumal die Preise gewohnt happig sind: Los geht’s bei 739 für das iPhone 6s mit 16 GByte internem Speicher, das Top-Modell iPhone 6s Plus mit 128 GByte Speicher kostet 1069 Euro.

(Martin Vieten)