Darf man Kunst eigentlich fotografieren? Oder greift auch da das Urheberrecht? Wie fast immer, so gilt auch hier: Privat darf man viel. Sonst sieht das anders aus:

Die Kunst, insbesondere die Moderne Kunst, zeichnet sich durch eine Vielzahl von Spielarten und unterschiedlichen Formen aus. Dabei ist Kunst nicht nur das klassische Bild, die Skulptur oder das literarische Werk, sondern auch die Performance, das Theaterstück oder das „Happening“. All diese Formen der Kunst sind durch das Urheberrecht geschützt. Dies bedeutet, dass eine unberechtigte Fotografie juristisch mit den Mitteln des Urheberrechts angegriffen werden kann.

Temporäre Kunstwerke

Juristisch heikel sind besonders diejenigen Kunstwerke, die nicht dauerhaft angelegt sind, sondern aufgrund ihres Charakters eindeutig nur eine begrenzte Zeit bestehen. Der Jurist bezeichnet sie auch als temporäre Kunstwerke.

Das sind zum Beispiel Theaterstücke, pantomimische und choreografische Werke, Happenings und temporäre Kunst-Installationen. Diesen ist die Einzigartigkeit und der kurze Zeitraum ihrer Darstellung gemeinsam. Im Gegensatz zu gemalten Bildern und Musikstücken können sie nicht beliebig oft reproduziert werden, sondern sind im Rahmen ihrer konkreten Ausführung einzigartig.

Dies wird besonders am Beispiel des verhüllten Reichstages deutlich. Die Verhüllung des Reichstages durch das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude im Jahr 1995 war ein auf kurze Zeit angelegtes Kunstprojekt, bei dem der Deutsche Reichstag in Berlin zwei Wochen lang von besonderen Stoffbahnen verhüllt war, wodurch die besondere Form des Gebäudes einen einzigartigen Gesamteindruck bekam. Das Künstlerehepaar hat das gesamte Projekt mit dem Verkauf von Studien, Skizzen und Fotografien des verhüllten Reichstages finanziert. Als Einziger bekam der Fotograf Wolfgang Volz von Christo und Jeanne-Claude die Erlaubnis, Fotos des verhüllten Reichstages gewerblich zu nutzen und sie verkaufen zu dürfen.

Mit Erfolg gingen die Künstler gegen einen Fotografen vor, der den verhüllten Reichstag ohne Zustimmung fotografierte und die Bilder als Postkarten verkaufte. Nach Ansicht der Gerichte, auch des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe, stehen den Künstlern wegen des temporären (zeitlich beschränkten) Charakters des Kunstprojektes die ausschließlichen Nutzungsrechte zu. (BGH – Urteil vom 24. Januar 2002 – Az. I ZR 102/99)

Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit per se das Fotografieren von temporären Kunstaktionen ohne Erlaubnis des Künstlers verboten ist.

Lediglich die wirtschaftliche Verwertung der Bilder ist nicht erlaubt. Wer privat Fotos für sein eigenes Archiv macht, muss keinen Ärger fürchten. Auch die journalistische, tagesaktuelle Berichterstattung ist nicht von dem Verbot betroffen. Wird das Foto jedoch außerhalb einer tagesaktuellen Berichterstattung wirtschaftlich genutzt, beispielsweise als Postkartenmotiv oder Poster, kann der Künstler dagegen vorgehen und eine Verwertung verbieten.

Die Panoramafreiheit und die Freiheit des Straßenbildes stehen dem übrigens nicht entgegen, da diese Vorschriften nur dann greifen, wenn etwas dauerhaft in das Straßenbild eingebracht worden ist. Bei zeitlichen beschränkten Kunstaktionen ist das nicht der Fall.

Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Werke von Joseph Beuys. Die Aktionen des Düsseldorfers Künstlers zeichnen sich durch ihren temporären Charakter und ihre Einzigartigkeit aus. Dem Künstler steht das Recht zu, über eine wirtschaftliche Verwertung der Fotos seiner Aktionen zu entscheiden und eine unberechtigte Nutzung zu verbieten. Mit dem Tod des Künstlers erlischt dieses Recht nicht, sondern geht auf dessen Erben über. Mit Beuys´ Tod im Jahr 1986 gingen die Urheberrechte an seinen Werken an seine Ehefrau Eva Beuys über. Sie wacht nun über das künstlerische Vermächtnis ihres Mannes und entscheidet, wer das Recht hat, Kunstwerke und Fotos von Kunstaktionen zu nutzen. Dieses Nutzungsrecht schließt auch das Recht mit ein, zu entscheiden, wer Ausstellungen über Joseph Beuys mit Fotografien seiner Aktionen veranstalten darf.

Aktuell gibt es aus diesem Grunde einen Rechtsstreit zwischen Eva Beuys und der Stiftung Schloss Moyland. Beuys wird bei ihrem Verfahren gegen die Stiftung von der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst unterstützt.

Eva Beuys möchte die Beuys-Sammlung, die zurzeit in Schloss Moyland am Niederrhein gezeigt wird, nach Düsseldorf verlegen. Die Stiftung Schloss Moyland ist damit nicht einverstanden und will weiter Werke von Beuys präsentieren. Dagegen wendet sich die Erbin und weigert sich, bestimmte, für eine Ausstellung benötigte, Fotografien freizugeben. Der Rechtsstreit zog sich über mehrere Instanzen und wurde im Dezember 2010 vom Landgericht Düsseldorf zugunsten der Beuys-Erbin entschieden. Die Begründung des Gerichts lautete, dass auch das Fotografieren eine Handlung sei, die eine Bearbeitung der ursprünglichen künstlerischen Aktion darstelle. Somit greife sie in das Urheberrecht des Aktionskünstlers. Das ist sicher eine etwas sperrige, im Grunde aber richtige rechtliche Würdigung. Zusammenfassend hat das Gericht entschieden, dass Fotografien in das Urheberrecht des Aktionskünstlers eingreifen.

Daher bleibt als Fazit festzuhalten, dass ein Fotograf bei der wirtschaftlichen Nutzung seiner Fotos aufpassen muss, wenn sie temporäre Kunstwerke zum Motiv haben. Selbst wenn diese im Straßenbild aufgenommen worden sind, verstößt eine Verwendung ohne Zustimmung des Künstlers gegen das Urheberrecht.

Dauerhafte Kunstwerke im öffentlichen Ruam

Wenn jedoch das Kunstwerk dauerhaft in den öffentlichen Raum eingebracht worden ist, dann sieht die rechtliche Situation für den Fotografen wesentlich besser aus: Bei Skulpturen, Denkmälern oder anderen dauerhaft im Erscheinungsbild einer Stadt verankerten Kunstwerken ist keine Erlaubnis erforderlich, wenn Fotos des Kunstwerkes gewerblich genutzt werden sollen. Bei den Fotos muss nur darauf geachtet werden, dass die sogenannte „Straßenperspektive“ eingehalten wird. Im Urheberrecht gilt die  Panoramafreiheit, die in einfachen Worten besagt, dass ich alles, was ich von einer öffentlichen Straße aus sehen kann, auch fotografieren darf. Wenn jedoch die Straßenperspektive verlassen wird, greifen wieder urheberrechtliche Regelungen.

Die Straßenperspektive wird verlassen, wenn man sich zum Beispiel auf einem Privatgelände befindet oder man die Fotos von einen hohen Kran oder Ähnlichem aus macht. Ebenso liegt keine Straßenperspektive mehr vor, wenn man das Foto aus einem Haus heraus macht, selbst wenn man die Erlaubnis des Hauseigentümers hat.

An dieser Stelle sei nur auf die Rechtsprechung und Problematik zum Schloss Sanssouci verwiesen, welche bereits in einem früheren Aufsatz besprochen worden ist: Panoramafreiheit gilt, Eigentumsrecht aber auch.

(RA Tim Hoesmann – Fotorecht aktuell)