Foto: www.bilder.cdu.de Foto 22535685netzpolitik.org hat Anfang der Woche zum „Schäuble Plakat – Remix-Wettbewerb“ aufgerufen – satirische Verfremdungen eines Wahlplakates mit dem Bundesminister des Innern Wolfgang Schäuble („Sicherheit und Freiheit“) sind gefragt, der Streit vorprogrammiert:

Unter Der Schäuble Plakat – Remix-Wettbewerb hat der Macher von netzpolitik.org, Markus Beckedahl, am Montag, 10.8.2009, zu einem Verfremdungs- bzw. Satirewettbewerb aufgerufen. Vorlage ist ein Wahlplakat der CDU, das Wolfgang Schäuble zeigt:
 

 
„Das Motiv ist doch geradezu eine Einladung, etwas schönere Slogans abseits der Partei-PR zu bauen. Und daher eröffnen wir den Remix-Wettbewerb. Zu gewinnen gibt wie immer Ruhm und Ehre. Werdet kreativ.“ so Markus Beckedahl.

Kurz danach hat sich die Fotografin Laurence Chaperon zu Wort gemeldet und ihre Urheberrechte geltend gemacht. Das Motiv sei nur für die CDU lizenziert worden und nicht für „Wettbewerbe“ und „Diffamierung“ freigegeben.

Was rechtliche Fragen aufwirft, u.a. die nach der Tragweite des Urheberrechts, den Möglichkeiten und Grenzen von Satire und Kunst, und dem Zitatrecht. Will heißen: Darf man urheberrechtlich geschützte Vorlagen dennoch künstlerisch oder satirisch verfremden bzw. diese Vorlagen in eigenen Arbeiten zitieren? Die vorherrschende Auffassung dazu scheint zu sein, dass man das sehr wohl darf, da laut § 51 Nr. 2 UrhG ein Werk dann zitiert werden darf, wenn „hierdurch ein selbständiges Werk geschaffen wird“. netzpolitik.org hat sich deshalb mittlerweile entschlossen, die Sache nötigenfalls auch gerichtlich durchzufechten.

Uns bleibt unterdessen, uns die Ergebnisse bei flickr – derzeit 170 an der Zahl – zu Gemüte zu führen: Unter cduremix09 werden auch andere Plakate, u.a. das Motiv mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (im Netz gern auch als „Zensursula“ tituliert), satirisch verfremdet:
 

Screenshot flickr - cduremix09

 
(thoMas)
 

Nachtrag (12.8.2009; 14:05 Uhr):

Hier sei noch eine rechtliche Einschätzung nachgetragen:

In der aktuellen Diskussion über die Überarbeitung des Plakates gehen auch hinsichtlich der rechtlichen Gesichtspunkte die Meinungen auseinander. Ob, wie von netzpolitik.org geschrieben, durch die neuen „Werbesprüche“ ein „selbstständiges Werk“ geschaffen wird, kann durchaus bezweifelt werden. Grundlage für ein neues Werk ist, dass das ursprüngliche Bild durch die Verarbeitung hinter dem neuen Bild verblasst (§ 24 UrhG). Das ursprüngliche Bild darf nicht mehr als solches erkennbar sein und wesentliche Merkmale müssen verändert worden sein. Dies ist hier nicht der Fall. Bei dem geänderten Plakat liegt keine „Neuschöpfung“ des Bildes vor, da das Bild in seinen wesentlichen Elementen übernommen wird. Nur der „Werbespruch“ wird verändert, ohne dass das Bild als solches einer Bearbeitung unterzogen wird. Damit ist es im Wesentlichen noch erkennbar und gerade die Erkennbarkeit ist ja auch ein Sinn und Zweck dieses Wettbewerbs.

Jedoch handelt es sich meiner Ansicht nach um ein rechtlich zulässiges Zitat des Bildes. Im Rahmen der Zitatfreiheit dürfen geschützte Werke auch ohne Zustimmung des Urhebers, hier der Fotografin, übernommen werden. So ist auch das Zitieren von Bildern zulässig, wenn das Zitat den sogenannten „Zitatzweck“ erfüllt. Dieser ist dann erfüllt, wenn das Zitat eine Beleg- oder Erörterungsfunktion hat und das Zitat der geistigen, kritischen Auseinandersetzung dient. Hier setzen sich die verschiedenen Versionen des Bildes kritisch mit dem Politiker Wolfgang Schäuble und seiner, für die Netzwelt nicht immer positiven, Politik auseinander. Dies ist eine zulässige Form der Meinungsfreiheit und durch das Grundgesetz Art 5 Abs.1 garantiert. Diese Art der kritischen Auseinandersetzung ist auch nur möglich, wenn direkt das Foto des CDU-Plakates mit eingebunden wird. Ohne das Bild selbst würden die Äußerungen alleine stehen und könnten nicht verstanden werden. Gerade durch den Bezug zum Originalbild ist die politische Auseinandersetzung erst möglich.

Infolgedessen muss die Fotografin, wenn auch unfreiwillig, dulden, dass ihr Bild für diese politische Auseinandersetzung verwendet wird. Sie könnte erst dann gegen eine Verwendung vorgehen, wenn das Foto in einen gänzlich anderen Zusammenhang gerückt wird; solange es aber um eine politische Auseinandersetzung geht, ist diese von der Zitatfreiheit gedeckt und die Fotografin keine Lizenzgebühren verlangen.

(RA Tim M. Hoesmann)