Mit der PEN-F hat Olympus Ende Januar 2016 eine ganz außergewöhnliche spiegellose Systemkamera vorgestellt. Besonders ist zum Beispiel ihr 20-Megapixel-Sensor im Micro-Four-Thirds-Format – höher löst derzeit kein MFT-Sensor auf. Außergewöhnlich ist aber auch das Design der PEN-F, das sich klar an die 60er Jahre zurückerinnern will. Und dann ist da noch dieses Wählrad an der Kamerafront, das einzig und allein für kreative Aufgaben gedacht ist. Ab Ende Februar 2016 soll die PEN-F erhältlich sein; ich hatte bereits die Gelegenheit, ein Serienmodell für ein paar Stunden auszuprobieren.

 

Olympus PEN-F: Beispielbild

Mit der neuen PEN-F will Olympus an die 60er Jahre anknüpfen.
 

1963 war ein Jahr mit teils noch heute prägenden Ereignissen. Im Juni hält der damalige US-Präsident John F. Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg seine berühmte „Ich bin ein Berliner“-Rede. Kennedy wird wenige Monate später in Dallas ermordet. Ebenfalls 1963 werden die Beatles auf einen Schlag berühmt, ihre im selben Jahr veröffentlichte Single „She Loves You“ stürmt auf den ersten Platz der britischen Hitparade. Dass Olympus im Jahr 1963 mit der PEN-F die Stammmutter der heutigen PEN-Serie vorstellt, dürfte dagegen heute kaum noch jemandem geläufig sein.

Reminiszenz an Kameras der 60er Jahre

Schon bereits vor über 50 Jahren hat die Ur-PEN-F viele Eigenschaften, die auch heute noch die PEN-Serie auszeichnet. Sie ist eine besonders kompakte Spiegelreflexkamera, die kleinen Abmessungen erzielte Entwickler Maitani Yoshihisa dadurch, dass die Kamera nur das halbe (Kleinbild-)Format (18 x 24 mm) belichtet.

Olympus PEN-F: Original-Modell und aktuelle Kamera im Vergleich

Die Original-PEN-F (links) und das aktuelle Modell (rechts) im Vergleich.
 

Die aktuelle PEN-F greift mit ihrem Micro-Four-Thirds-Sensor (17,3 x 13 mm empfindliche Fläche) nicht nur das kleine „Sensor“-Format der Ahnherrin auf, auch ihr Design ist eine Reminiszenz an Kameras der 60er Jahre. So gibt es eine Vielzahl an Drehrädern, darunter eines zur schnellen Wahl der Belichtungskorrektur. Ebenso erinnert das runde Sucherokular der heutigen PEN-F an Kameras aus der Ära des Wettlaufs zum Mond.

Wie die Ur-PEN-F weist auch die aktuelle Inkarnation des Modells als Digitalkamera ein griffiges Wählrad auf der Kamerafront auf. Diente es bei erster noch zur Vorgabe der ISO-Empfindlichkeit des eingelegten Films, konfiguriert man bei der aktuellen PEN-F damit die „Kreativ“-Modi der Kamera. Darauf hat Olympus offenbar derart viel Wert gelegt, dass sich dem Rad auf der Front keine anderen Funktionen zuweisen lassen. Ich habe während meines kurzen Nachmittagsausflug vor allem mit den Möglichkeiten dieser Kreativ-Modi herumgespielt – dazu gleich noch mehr.

Gehäuse und Handling

Die PEN-F fällt gemessen an ihrem Ausstattungsumfang ausgesprochen kompakt und handlich aus. Befürchtungen, dass sie zu klein sei, kann ich nicht bestätigen. Die Kamera liegt gut in der Hand, dank ihres geringen Gewichts von betriebsbereit 427 Gramm kann sie ohne Not auf eine Griffwulst verzichten. Dazu trägt auch bei, dass die Objektive für den kleinen MFT-Sensor sehr kompakt ausfallen können. Das von mir vorrangig eingesetzte Olympus 17 mm f/1.8 wiegt gerade einmal 120 Gramm, ein vergleichbares AF-S Nikkor 35 mm f/1,8G ED drückt dagegen 305 Gramm auf die Waage. Einzig, dass sich Front- und Daumenrad viel zu leicht drehen, hat mich doch gestört – da war die Kamera häufiger verstellt, als mir lieb sein konnte.

Wie bei Olympus üblich, bietet die PEN-F einen schon fast überbordenden Funktionsumfang. Die Menüs sind folglich lang und etwas unübersichtlich, die Kamera ist mit einer auf den ersten Blick verwirrenden Fülle an Bedienelementen übersät. Da hilft es ungemein, dass man bei der PEN-F seine vier ganz persönlichen Grundkonfigurationen speichern kann – abgerufen werden sie bequem über das Moduswählrad.    

Olympus PEN-F

 

Sucher und Display

Der elektronische Sucher der PEN-F fällt zwar etwas klein aus (0,62-fache Vergrößerung bezogen auf Kleinbild), weiß aber ansonsten zu gefallen. Mit einer Auflösung von 2,36 Millionen Subpixeln zeigt er ein äußerst detailreiches Bild, Bewegungen stellt er flüssig und ohne Zittern oder Schlieren dar. Zudem bietet das Okular eine Dioptrienkorrektur, sodass die meisten Brillenträger direkt in den Sucher blicken können. Beeindruckt war ich davon, wie der OVF auch starke Motivkontraste noch darstellt. Das gelingt ihm indes nur im „OVF-S“-Modus, bei dem dann die Auswirkungen der Kameraeinstellungen (wie Blichtungskorrektur, Weißabgleich oder Art-Filter) fehlen. Eine Einschränkung, durch die ich mir anfangs einige Fehlaufnahmen eingehandelt habe.

Olympus PEN-F

Die Olympus PEN-F liegt trotz ihrer kompakten Abmessungen gut in der Hand.
© Martin Vieten

 

Obwohl die PEN-F derart handlich ist, verzichtet sie nicht auf ein klapp- und drehbares Display. Bei einer Diagonalen von drei Zoll löst es mit rund einer Million Subpixel zeitgemäß hoch auf. Ich bin ein Freund dieser beweglichen Displays, weil sie mir Aufnahmen aus ungewöhnlicher Perspektive ungemein erleichtern. Bei der PEN-F kommt noch hinzu, dass der Monitor auf Berührungen reagiert und sich mit einem Fingertipper das Fokusfeld festlegen und auf Wunsch die Aufnahme sogar auslösen lässt.

Kreativ-Rad

Bei der Präsentation der PEN-F hat Olympus den Fokus auf das neue Kreativ-Rad an der Kamerafront gelegt. Es ermöglicht den direkten Zugriff auf die ganz neuen Schwarzweiß- und Farbprofile sowie auf die bereits aus früheren Kameras bekannten Art-Filter und den „Color Creator“. Besonders die neuen Schwarzweiß-Profile haben es mir angetan. Sie bieten eine nahezu frei konfigurierbare Gradationskurve, über die sich zum Beispiel eine recht zügig eine sanfte Tonwertwiedergabe oder aber auch eine sehr harte Kontrastdarstellung einstellen lässt. Gesteuert wird das alles über eine kleine Wippe hinten auf der Kamera oder direkt auf dem Touch-Display. Ganz ähnlich funktionieren die Farbprofile, hier lässt sich unter anderem die Sättigung von einem Dutzend Farbtönen festlegen.

Hinzu kommen noch – wie gesagt – die Art- und Farbfilter, sodass sich unterm Strich rund 18,5 Millionen Einstellmöglichkeiten ergeben. Damit man in diesem Wust an Einstellmöglichkeiten nicht die Übersicht verliert, lassen sich einmal angelegte Stile als Vorgaben speichern und dann mit nur wenigen Tastendrücken abrufen.

Olympus PEN-F: Beispielbild

Ein Motiv mit drei unterschiedlichen Schwarzweiß-Einstellungen fotografiert
– die PEN-F lädt zu Experimenten ein. © Martin Vieten

 

Man mag nun zu Recht fragen, ob diese Art der „kreativen“ Fotografie eine unnütze Spielerei ist, oder ob sie einem tatsächlich neue Sichtweisen aufs Motiv eröffnet. Mir als eingefleischtem „RAW-Shooter“ hat es überraschend viel Spaß gemacht, mich meinem Motiv mit unterschiedlichen Schwarzweiß-Vorgaben zu nähern. Und das ist es eigentlich, was Olympus mit den vielen Bildoptionen bei der PEN-F erreichen will: Dass man den Spieltrieb in sich (wieder) entdeckt, ausprobiert und experimentiert. Wer sich unsicher ist, ob die Ergebnisse auch später noch befriedigen, kann natürlich mit der PEN-F parallel zu den bearbeiteten JPEG-Dateien auch die Rohdaten aufzeichnen. Die lassen sich übrigens auch nachträglich noch in der Kamera mit den genannten Möglichkeiten bearbeiten.

Olympus PEN-F: Beispielbild

© Martin Vieten 

Bildqualität

Ich hatte nur wenige Stunden Zeit, mich mit der PEN-F zu beschäftigen. ISO-Reihen oder andere Testaufnahmen standen dabei nicht im Vordergrund, belastbare Aussagen zur Bildqualität kann ich daher jetzt noch nicht treffen. Auf den ersten Blick scheint der neue 20-Megapixel-Sensor im Team mit dem „TruePic VII“-Bildprozessor einen guten Job zu machen. Bis etwa ISO 1600 sind die Aufnahmen praktisch frei von Farb- oder Helligkeitsstörungen, ein auflösungsmindernder Einfluss der Rauschunterdrückung ist bis zu dieser ISO-Stufe kaum auszumachen.

Ausprobiert habe ich die „High Resolution Shot“-Funktion, bei der die PEN-F acht Aufnahmen derart kombiniert, dass eine Datei mit rund 50 Megapixel entsteht. Dazu wird der Sensor zwischen den Aufnahmen jeweils um die Breite beziehungsweise Höhe eines halben Pixels versetzt. Selbstredend, dass dieses Verfahren nur vom Stativ aus funktioniert und auch nur bei Dauerlicht. Trotz dieser Einschränkungen kann sich das Ergebnis des etwas komplizierten Verfahrens sehen lassen.

Olympus PEN-F: Beispielbild

Mit der „High Resolution Shot“-Funktion erzeugt die PEN-F Aufnahmen mit ca.
50 Megapixel Auflösung, die ein sehr hohes Detailreichtum zeigen. Unten ein 100%-Ausschnitt.
© Martin Vieten

 

Olympus PEN-F: Beispielbild

 

Mein Fazit

Heute reicht es offenbar nicht mehr, einfach nur eine gute Digitalkamera zu fertigen. Die Hersteller versuchen sich vielmehr gezielt, Ausrufezeichen zu setzen. Etwa Nikon mit der D500, die die Stärken des DSLR-Konzepts nochmals zuspitzt. Oder die X-Pro2 von Fujifilm, die ausdrücklich die Freunde der klassischen analogen Fotografie anspricht.

Auch Olympus möchte mit der PEN-F an die klassische Fotografie anknüpfen, geht dazu aber einen gänzlich anderen Weg als Fujifilm mit der X-Pro2. Zunächst einmal ist das Äußere der PEN-F eine klare Reminiszenz an Kameras der 60er Jahre, insbesondere die Ausführung in Schwarz-Silber. Und dann lädt das neue Kreativ-Rad dazu ein, bereits vor der Aufnahme massiven Einfluss auf das Bildergebnis zu nehmen. Ganz so, wie es in Zeiten der analogen (Schwarzweiß-) Fotografie üblich war, zum Beispiel mit diversen Farbfiltern aber auch durch die Auswahl des Filmmaterials.

Olympus PEN-F: Beispielbild

© Martin Vieten
 

Die PEN-F ist darüber hinaus eine Digitalkamera ganz auf der Höhe der Zeit, mit einem enormen Ausstattungsumfang. Dabei bleibt sie dank ihres Micro-Four-Third-Sensors ausgesprochen unauffällig und handlich, wozu auch die entsprechend kompakten Objektive das Ihre beitragen.

Mir hat die kurze Begegnung mit der PEN-F viel Spaß gemacht, auch weil ich deren handliches Format sehr schätze. Dieser Spaß hat allerdings seinen Preis: Rund 1200 Euro möchte Olympus für die Kamera haben und dürfte auch damit eher Liebhaber des Besonderen ansprechen.  

(Martin Vieten)