Leica QMit der Leica Q (Typ 116) hat der traditionsreiche Hersteller aus Wetzlar letzte Woche seine erste Kompaktkamera mit Vollformatsensor präsentiert. Ausgestattet mit der Festbrennweite Summilux 1:1,7/28 mm ASPH spricht die Leica Q vor allem Reportage- und Landschaftsfotografen an. Im Rahmen der Vorstellung hatte ich knapp zwei Stunden Zeit, mich mit dem jüngsten Spross der Leica-Familie zu beschäftigen. Mein allererster Eindruck ist durchweg positiv – doch es gibt auch den einen oder anderen Kritikpunkt.

Die Leica Q ist vielleicht nicht für die Ewigkeit gebaut, den Anspruch „vererbbar zu sein“ (so Oliver Kaltner, Vorstandsvorsitzender der Leica Camera AG) erfüllt sie aber auf den ersten Blick. Das gilt nicht nur für die Materialien (Magnesium-Gehäuse mit einer Topplatte aus massivem Aluminium), sondern gerade auch für das Design. Zeitlos elegant präsentiert sich die Leica Q, mit wohlproportionierten Rundungen, die sich auch in der ergonomisch günstigen Daumenablage auf der Rückseite fortsetzen. Da fällt das Gewicht von immerhin 640 Gramm in der Praxis kaum auf, zumal die Kamerafront ein griffiger Lederüberzug mit Rautenmuster ziert.

Leica Q

Die Leica Q ist trotz ihrer Größe eine durchaus handliche Kompaktkamera mit Vollformatsensor und lichtstarkem Weitwinkel-Objektiv.
 

Die wenigen Bedienelemente auf der Rückseite mögen unter dem Diktat des Designs etwas klein geraten sein. Sie weisen indes einen derart wohl definierten Druckpunkt auf, dass sie sich gewiss auch mit Handschuhen noch problemlos bedienen lassen. Man braucht die Knöpfchen sowieso nicht allzu oft, denn die Leica Q ist mit einem klassischen Blendenring sowie einem üppig dimensionierten Rad zur Steuerung der Verschlusszeit und einem weiteren Rad für die Belichtungskorrektur versehen. Das wirkt sehr klassisch, aber die Leica Q gibt sich durchaus auch innovativ – sie lässt sich nämlich alternativ über den hoch-auflösenden Touchscreen bedienen. Diese Kombination aus klassischen Bedienelementen und Touchscreen hat mir sofort zugesagt. Das ist nicht so radikal wie bei der Leica T, die ja fast gänzlich auf die Steuerung wie bei einem Smartphone setzt.

Das zeitlose Design mit klaren Anleihen bei der legendären Leica M darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leica Q eine reinrassige Digitalkamera ist. Also eine Kamera mit elektronischem statt optischem (Mess-)Sucher. Dieser elektronische Sucher ist der beste, in den ich je hineingeblickt habe: Groß und mit einer Auflösung von knapp 3,7 Megapixel derart fein auflösend, dass er einen so unmittelbar ins Geschehen hineinzieht wie ein klassischer optischer Sucher. Dazu trägt sicherlich auch die äußerst rasante Signalverarbeitung der Leica Q bei, die selbst bei schwungvollen Schwenks das Sucherbild verzögerungsfrei und ohne lästiges Schlieren darstellt. Alternativ zeigt die Leica Q das Sucherbild natürlich auch auf dem rückwärtigen Monitor. Er löst ebenfalls ordentlich hoch auf, ist aber – wohl auch als Zugeständnis an das Design – weder klapp- noch schwenkbar.

Im Inneren der Leica Q werkelt ein Maestro-II-Prozessor, wie er ähnlich auch in der Leica S (Typ 007) zum Einsatz kommt. Dessen Rechenpower sorgt für beachtliche Leistungen – etwa beim Autofokus: In nur 150 ms stellt die Leica Q nach Angaben des Herstellers von unendlich auf eine Entfernung von zwei Meter scharf. Messen konnte ich das nicht, aber nach meinem Empfinden arbeitet der Autofokus wirklich schnell und vor allem treffsicher. Ebenfalls ein Verdienst des Maestro-II-Prozessors ist die sehr hohe Serienbildrate von bis zu zehn Bildern pro Sekunde. Zwischen Einzel- und Serienaufnahmen wird übrigens mit dem Hauptschalter umgeschaltet. Eine wenig elegante Lösung, denn man überfährt die Mittelstellung für den Einzelbildmodus zu leicht und landet dann bei den Serienbildern oder schaltet die Kamera aus – je nachdem, in welche Richtung der Hauptschalter gedreht wird.

Objektiv

Leica hat das Modell Q mit einem Summilux 1:1,7/28 mm ASPH ausgestattet. Dem einen oder anderen mag der Bildwinkel vielleicht zu groß sein. Doch ein vergleichbares 35er hätte nach Aussage von Stefan Daniel, dem federführenden Entwickler der Leica Q, nicht so kompakt wie gewünscht gebaut werden können. Und es muss ja nicht bei der jetzt vorgestellten Leica Q (Typ 116) bleiben. Sie stellt Leica ausdrücklich als „das erste Modell einer neuen Produktlinie digitaler Kompaktkameras vor“ – da könnten also durchaus noch weitere Varianten folgen.

Leica Q

Form follows function – diesem Grundsatz des Gebrauchsdesigns folgt die Leica Q nicht immer.
Insbesondere der Hauptschalter rechts mit seinen drei Stellungen fuchst etwas, weil man die Mittelstellung leicht überfährt.

 

Das Objektiv der Leica Q kommt im klassischen M-Design, mit je einem Einstellring für Blende und Entfernung. Auch der typische Knebel am Fokusring fehlt nicht. An ihm hat Leica einen kleinen Schalter untergebracht, der zwischen AF und MF umschaltet. Das ist nicht gerade praktisch, zumal das kleine Hebelchen bei der Draufsicht auf der Kamera nicht zu sehen ist und es damit auch keine schnelle Rückmeldung gibt, welche Fokusbetriebsart aktuell eingestellt ist. Dafür lässt sich mit der Leica Q so bequem und sicher manuell fokussieren wie mit wenigen anderen Kameras. Der Fokusring läuft satt und sämig, eine übersichtliche Entfernungsskala auf dem Objektiv erleichtert das grobe Vorfokussieren. Und dann gibt es noch elektronische Helferlein in Form von Fokus-Peaking und einer Fokuslupe. Die Naheinstellgrenze des Objektivs liegt bei rund 70 Zentimeter. Sie verkürzt sich im speziellen Makromodus auf ca. 30 Zentimeter, dabei nimmt allerdings die Lichtstärke auf F/2.8 ab. An sich eine tolle Sache, wenn sich nur der Ring zum Umschalten in den Makromodus nicht gar so schwer bewegen ließe.

Bildqualität

Über die Bildqualität der Leica Q kann ich nach derart kurzer Zeit mit der Kamera nicht viel sagen. Mit einer maximalen Auflösung von 24 Megapixel dürfte sie auf alle Fälle für die meisten Zwecke genügend Pixel liefern. Interessant ist, dass die Leica Q immer RAW-Dateien (im DNG-Format) aufzeichnet, JPEG gibt’s nur als Zusatzoption. Wie bei Leica üblich, werden die JPEG-Daten zudem nur sehr moderat aufbereitet – das volle Potential schöpft mit der Leica Q also nur aus, wer RAW-Dateien aufzeichnet und diese dann entwickelt. Eine Lizenz von Lightroom 6 gehört konsequenterweise zum Lieferumfang der Kamera.

Leica Q: Korrekturprofil

So hochwertig das Summilux der Leica Q auch sein mag – ganz auf digitale Zwangskorrektur verzichtet es nicht.
 

Auf den ersten Blick zeichnen sich Fotos mit der Leica Q durch eine zurückhaltende Bildaufbereitung aus. Das gilt insbesondere auch für die JPEG-Aufnahmen, die bei höheren ISO-Werten zwar etwas stark rauschen, dafür aber auch noch viele Details wiedergeben. Das Summilux der Leica Q bildet augenscheinlich nahezu verzeichnungsfrei ab – was aber auch auf eine digitale Korrektur der Aufnahmedaten zurückzuführen ist. Deren Kehrseite: Die äußeren Bildbereiche erreichen nicht ganz die knackige Detailzeichnung, die das Objektiv über einen großen Teil des Bildfelds auszeichnet.

Leica Q: Schärfe und Unschärfe

Das hochlichtstarke Summilux 1:1,7/28 mm ASPH ermöglicht ein interessantes Spiel von Schärfe und Unschärfe.
 
 

Leica Q: ZUbehör

Passend zur Leica gibt es reichhaltiges Zubehör, etwa das Blitzgerät Leica SF 26 (links), ein Holster (Mitte) oder das sehr flache Day Bag (rechts).
 

Mein Fazit

Mit der Leica Q betritt eine Kamera die Bühne, die es in dieser Form noch nicht gab. Eine Vollformatkamera mit fest integriertem, sehr lichtstarkem Objektiv, die Tradition und Moderne gekonnt vereint. Traditionell, aber keineswegs altbacken, sind das Design und teilweise auch das Bedienkonzept. Wer etwa eine Leica M sein eigen nennt, wird sich bei der Leica Q schnell zurechtfinden. Aber man muss kein Leica-Kenner sein, um mit der Leica Q klarzukommen, Touchscreen und viele sinnvolle Automatiken machen das Fotografieren mit ihr fast zum Kinderspiel. Am ehesten vergleichbar ist die Leica Q noch mit der Sony R1R, die allerdings auf 35 Millimeter Brennweite setzt. Aber der Sony fehlt ein elektronischer Sucher, der optional erhältliche kann dem Sucher der Leica Q bei Weitem nicht das Wasser reichen. So gelungen die Leica Q auch ist, eines ist sie wohl nicht: vererbbar. Mag ihr robustes Gehäuse mehrere Generationen überdauern und das Design auch in Jahrzehnten noch frisch wirken – die Elektronik wird wie bei allen Digitalkameras schnell veraltet sein. Der Preis von rund 4.000 Euro für die Leica Q mag auf den ersten Blick astronomisch wirken. Doch im Leica-Universum ist er fast schon ein Schnäppchen. Nur als Vergleich: Das Summicron-M 1:2/28 mm ASPH für die Leica M kostet alleine schon fast 3.600 Euro.

(Martin Vieten)
 

unverbindliche Preisempfehlung (in Deutschland): 3.990 Euro

Produktabbildungen in voller Größe:

 

Technische Daten: LEICA Q (Typ 116)
Kamera-Typ: Leica Q (Typ 116), digitale Kleinbild- Kompaktkamera
Aufnahmeformat / Seitenverhältnis: 24 x 36 mm / 2:3
Objektiv: Leica Summilux 1:1,7/28 mm ASPH., 11 Linsen in 9 Gruppen, 3 asphärische Linsen
Digitalzoom: Wahlweise ca. 1,25x (entspricht 35 mm) oder ca. 1,8x (entspricht 50 mm)
Bildstabilisierung: Optisches Ausgleichssystem für Foto- und Video-Aufnahmen
Blendenbereich: 1,7 bis 16 in 1⁄3EV-Stufen
Bildsensor/Auflösung: CMOS-Sensor, 26,3/24,2 Mio. Pixel (total/effektiv)
Dynamikumfang: 13 Blendenstufen
Farbtiefe: 14Bit
Foto-Aufnahmeformat: Wählbar: DNG + JPEG, JPEG
DNG-/JPEG-Auflösung: 24MP (6000×4000 px), 12MP (4272x2848px), 6MP (2976x1984px), 1,8MP (1600x1080px)
Video-Aufnahmeformat: MP4
Video-Auflösung/Bildfolgerate: Wählbar: FHD 1920 x 1080p mit 60 oder 30B/oder HD 1280 x 720p mit 30B/s
Ton-Aufnahmeformat: AAC
Mikrofon: Stereo
Lautsprecher: Mono
Speichermedien: SD-/SDHC-/SDXC-Speicherkarten, Multimedia-Karten, Geschwindigkeitsklasse: UHS-1
ISO Bereich: Automatisch, ISO 100, ISO 200, ISO 400, ISO 800, ISO 1600, ISO 3200, ISO 6400, ISO 12500, ISO 25000, ISO 50000
Weißabgleich: Automatisch, Voreinstellungen für: Tageslicht, bewölkt, Schatten, Halogenbeleuchtung, elektronischer Blitz, zwei manuelle Einstellungen durch Messung, manuelle Farbtemperatur-Einstellung
Farbraum: Für Fotos wählbar: sRGB, Adobe® RGB, ECI-RGB, für Videos: Festeinstellung auf sRGB
Schärfe/Sättigung/Kontrast: Jeweils in 5 Stufen wählbar, bei Sättigung zusätzlich auch S/W
Scharfeinstellung
Arbeitsbereich: 30 cm bis ∞, bei Makro-Einstellung ab 17 cm
Einstellung: Automatische (Autofokus) oder manuelle Entfernungseinstellung, bei manueller Einstellung wahlweise Lupenfunktion und Kantenmarkierung (peaking) als Einstellhilfen verfügbar
Autofokus-System: Auf Grundlage von Kontrastmessung
Autofokus-Betriebsarten: AFS (Auslösung nur bei erfolgreicher Scharfstellung), AFC (Auslösung jederzeit möglich), AF-Einstellung speicherbar
Autofokus-Messmethoden: 1-Feld (verschiebbar), Mehrfeld, Gesichtserkennung, Motiv-Verfolgung, wahlweise Einstellung / Auslösung durch Berührung des Monitors
Belichtungs-Betriebsarten: Programmautomatik, Zeitautomatik, Blendenautomatik und manuelle Einstellung
Szene-Betriebsarten: Wählbar: Vollautomatisch, Sport, Porträt, Landschaft, Nachtportrait, Schnee/Strand, Feuerwerk, Kerzenlicht, Sonnenuntergang, Intervall/Zeitraffer, Miniatur-Effekt, Panorama, Digiscoping
Belichtungs-Messmethoden: Mehrfeld, mittenbetont, Spot
Belichtungskorrektur: 3±EV in 1⁄3EV-Stufen
Automatische Belichtungsreihen: Drei Aufnahmen in Abstufungen bis 3 EV, einstellbar in 1⁄3 EV -Stufen.
Verschlusstyp: Wahlweise mechanisch oder elektronisch
Verschlusszeiten: 60s bis 1⁄2000s mit mech. Verschluss, 1⁄2500s bis 1⁄16000s mit elektr. Verschluss, in halben Stufen, Blitz-Synchronisation bis 1⁄500s, Linear-Blitzen mit allen kürzeren Verschlusszeiten als 1⁄ 500s möglich (mit HSS-fähigen, SCA 3002-Standard-Blitzgeräten)
Serienaufnahmen: Wahlweise 10/5/3B/s (H/M/L)
Selbstauslöser: Vorlaufzeit wahlweise 2 oder 12s
Sucher: Elektronische LCOS-Anzeige, Auflösung: 1280 x 960 Pixel x 3 Farben (=3680MP), Bildfeld: ca. 100%, Seitenverhältnis: 4:3, Augenabstand: 17,5mm, Einstellbar ±3 Dioptr., mit Augensensor für automatische Umschaltung zwischen Sucher und Monitor
Monitor: 3"-TFT-LCD-Monitor mit ca. 1.040.000 Pixeln, Berührungssteuerung möglich
WLAN: Erfüllt Norm IEEE 802.11b/g/n (Standard-WLAN-Protokoll), Kanal 1-11, Verschlüsselungsmethode: WLAN-kompatible WPA™ / WPA2™, Zugriffsmethode: Infrastrukturbetrieb
NFC: Gemäß JIS X 6319-4-Standard / 13,56MHz
Anschlüsse: Mikro-USB-Buchse (2.0), HDMI-Buchse
Stromversorgung: Leica BP-DC12 Lithium-Ionen-Akku, Nennspannung 7,2V (7,2V D.C.), Kapazität 1200mAh, Hersteller: Panasonic Energy (Wuxi) Co.,Ltd. hergestellt in China
Ladegerät: Leica BC-DC12 Eingang: Wechselspannung 100–240 V, 50/60Hz, automatisch umschaltend, Ausgang: Gleichspannung 8,4V; 0,65A Hersteller: Shin Tech Engineering Ltd. hergestellt in China
Gehäuse: Im Leica Design aus massivem, extrem leichtem Magnesium und Aluminium, zwei Ösen für den Tragriemen, ISO-Zubehörschuh mit Mitten- und Steuerungskontakten zum Anschluss von
Blitzgeräten, wie z.B. dem Leica SF 26
Objektiv-Filtergewinde: E49
Stativgewinde: A 1⁄4 DIN 4503 (1⁄4")
Maße: (BxHxT) ca. 130 x 80 x 93 mm
Gewicht: ca. 590/640 g (ohne/mit Akku)
Lieferumfang: Kameragehäuse, Tragriemen, Gegenlichtblende, Objektivdeckel, Zubehörschuh-Abdeckung, Akku
(Leica BP-DC12), Ladegerät (Leica BC-DC12), Netzkabel (EU, US, lokales Netzkabel), USB-Kabel
Software:

Adobe® Photoshop® Lightroom® (nach der Registrierung der Kamera kostenloser Download), Leica App für iOS® (Fernsteuerung und Bildübertragung, kostenloser Download Apple® App-Store®/Google® Play Store®)