Sigmas 1,8/24 mm EX DG Makro ist mit einem Straßenpreis von rund 550 Euro ein sehr preiswertes lichtstarkes Weitwinkelobjektiv – die vergleichbaren Objektive von Nikon oder Canon kosten rund das Dreifache. Kann also, was so billig ist, überhaupt gut sein?

1,8/24 mm EX DG Makro + MTF von Sigma

Das 1,8/24 mm EX DG Makro samt MTF-Kurve von Sigma

 
Das 1,8/24 mm EX DG Makro von Sigma ist mit einer Preisempfehlung von 699 Euro angegeben, wobei der Straßenpreis derzeit bei rund 550 Euro liegt. Im Vergleich mit den lichtstarken 24er Objektiven von Canon und Nikon, die eine Lichtstärke von 1:1,4 aufweisen, muss man hier bedenken, dass die Anfangsöffnung mit 1:1,8 etwa 1/2 Stufe kleiner ist. In der Praxis sehe ich diese halbe Blendenstufe aber als nur wenig bedeutend an, vor allem, wenn man den enormen Preisunterschied berücksichtigt. Das Autofokus-Objektiv hat eine zusätzliche Nahbereichseinstellung (ob das „Makro“ ist, sei dahingestellt), aber keinen Ultraschallmotor, sondern einen „normalen“ Autofokusmotor zur Scharfstellung, der aber ziemlich schnell und recht verlässlich arbeitet.

Für die Liebhaber von kurzen Zusammenfassungen: Sigmas 1,8/24 mm EX DG Makro ist gut, wirklich gut – vor allem, wenn man den Preis der Leistung gegenüberstellt. Wie auch die anderen Superweitwinkel-Objektive hat es bei ganz offener Blende eine etwas geringere Auflösung in den Randbereichen, die Werte sind aber durchwegs beeindruckend.
 

Grafik: Georg N. Nyman

MTF-Kurve aus dem DxO Image Analyzer; 1,8/24 mm EX DG Makro bei Blende 1,8 – Mitte
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

MTF-Kurve aus dem DxO Image Analyzer; 1,8/24 mm EX DG Makro bei Blende 1,8 – Ecken

 
Was mir auch auffiel, ist die für ein Objektiv dieser Preisklasse relativ geringe laterale chromatische Aberration (Farbquerfehler). Die Vignettierung ist nicht beeindruckend gut, das lichtstärkere AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED liefert ähnliche Werte – sichtlich besser ist hier Canon mit dem EF 1,4/24 mm L USM II.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Auswertung für den Farbquerfehler bei Blende 1,8
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Auswertung für die Vignettierung, ebenfalls bei Blende 1,8

 
Die Verzeichnung liegt in der gleichen Größenordnung wie bei den Nikon- bzw. Canon-Pendants – der Gang ist ähnlich wie der bei Leica (siehe Links unten): am Rand wird die tonnenförmige Verzeichnung durch ein Umschwingen auf kissenförmig etwas verringert. Dadurch werden orthogonale Linien im Randbereich nicht so auffällig durchgebogen, wiewohl die gleichen Linien weiter innen im Bildfeld stärker davon betroffen sind – aber es fällt weniger auf, da der Rand nicht so stark verzeichnet erscheint. Programme wie der Adobe Lens Profile Creator und DxO bieten gute Lösungen, um auch eine solche Verzeichnung im Rahmen der Bildbearbeitung zu eliminieren.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Darstellung des Verlaufs der Verzeichnung aus dem DxO Image Analyzer
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

5fach verstärke Darstellung eines Gitters für den visuellen Eindruck der Verzeichnung

 
Wie sieht es mit der Auflösungsleistung aus – nun, die ist für die Mitte bei offener Blende ziemlich gut und fällt, wie bei all unseren Test-Objektiven, gegen den Rand zu sichtbar ab. Trotzdem möchte ich insgesamt die Abbildungsleistung dieses Objektivs in Anbetracht des günstigen Preises als sehr gut bezeichnen. Sie ist nur unwesentlich geringer als die der gut drei Mal so teuren Objektive von Nikon und Canon – und das ist doch eine beachtliche Leistung!
 

Grafik: Georg N. Nyman

Hier der Überblick bei Blende 1,8, wie er sich aus dem IE-Analyzer-Resolution-Modul für die 9 Sterne ergibt – durchaus respektabel!
Den Abfall zum Rand hin führe ich auch auf eine geringe Bildfeldwölbung zurück (das Target ist ja komplett eben). Gegen Abbildungsfehler spricht, dass auch die kleineren „Kreise“ keine ausgesprochene Richtung zeigen, sondern ziemlich rund sind.

 
Hier die Darstellung der Mitten- und der Randsterne bei offener Blende 1,8 und dann bei Blende 5,6 zum Vergleich mit den vorher gezeigten Sternbildern der anderen Objektive:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro bei Blende 1,8 – Mitte (Stern 0)
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro bei Blende 1,8 – rechte obere Ecke (Stern 2)
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro bei 5,6 – Mitte (Stern 0)
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro bei 5,6 – rechte obere Ecke (Stern 2)

 
Diese Ergebnisse decken sich hinsichtlich der Bildqualität mit den „normalen“ Aufnahmen und sind durchwegs beeindruckend gut.

(Georg N. Nyman)
 
 
Zum Testprozedere:

  • EF 1,4/24 mm L USM II an einer Canon EOS 1Ds MkIII
  • AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED an einer Nikon D3x
  • Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro an einer Nikon D3x
  • Carl Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM an einer Sony alpha 900
  • Summilux-M 1,4/24 mm Asph. an einer Leica M9

Da besonders bei Weitwinkelobjektiven eine ganz exakte orthofrontale Ausrichtung der Kamera in Bezug auf die Testtargets von hoher Wichtigkeit ist, habe ich zur Ausrichtung einen Leica-Laserentfernungsmesser verwendet und durch trigonometrische Messung der einzelnen Abstände der Kamera zu den Ecken des jeweiligen Targets die Ausrichtung ermittelt. Dabei bleibt systembedingt ein Restfehler von etwa +/- 2 mm bei einer Entfernung von 1 m übrig. Zusätzlich erlaubt eine Funktion im DXO Analyzer die Berechnung der Orthofrontalität aus der Lage der aufgenommenen Punkteraster – der so ermittelte Fehler lag im Mittel bei maximal etwa 0,1-0,2 Grad, was für die Auswertung belanglos ist.

Die Aufnahmen wurden grundsätzlich im Raw-Format gemacht und wo möglich, auch in diesem Format ausgewertet.

Da die Messprogramme nur zum Teil Raw-Dateien verarbeiten können, wurde bei denjenigen Programmschritten, wo kein Raw–Format möglich war, ein konvertiertes TIFF verwendet –  natürlich ohne irgendwelche verändernde Einstellungen bei der Konversion zuzulassen. Zu TIFF wurde in dem Raw-Konverter entwickelt, den der jeweilige Kamerahersteller empfiehlt (also Nikon-NEF in Nikon Capture NX etc.).

Zur Auswertung wurden diese Programme eingesetzt:

  • DXO Analyzer (erlaubt in einigen Schritten Raw, und in dem Fall wurden auch Raw-Dateien benutzt, sonst TIFF)
  • Image Engineering Analyzer (TIFF, da er keine Nikon-, Canon- oder Sony- Raw-Dateien erlaubt)
  • Imatest von Norman Koren (kann praktisch alle Rohdatenformate verarbeiten und verwendet einen eingebauten Konverter dafür)

Zur Fokussierung wurde immer der Autofokus genutzt (Ausnahme: Leica M9), das Fokussierfeld wurde auf eine klare und gut definierte Kante möglichst nahe der Mitte eingestellt. (Manuelles Scharfstellen hatte ich auch probiert, aber angesichts der modernen, leeren Mattscheiben ohne Einstellhilfen waren die Ergebnisse schlechter.) Das von mir auch beobachtete Problem der Differenz von AF-Schärfenlage und exakter Schärfenlage (focus-shift) bei ganz offener Blende lichtstarker Objektiven habe ich versucht, durch eine vorherige Kameraoptimierung des eingebauten AF auf das zu messende Objektiv auszugleichen.

Bei der Leica M9 wurde manuell fokussiert; durch den Sucher auf den Schnittbildentfernungsmesser. Kontrolliert wurde die Scharfstellung mit einem 7x-Monokular. Dabei ist mir aufgefallen, dass die optimale Schärfe einer Aufnahme nicht immer ganz exakt mit der so ermittelten Schärfenebene übereingestimmt hat. Da aber die M9 kein Life-View hat, gab es keine andere Möglichkeit zur Scharfstellung.

Nachbemerkung zum Testprozedere bzw. zu den hier gezeigten Auswertungen: Getestet und beurteilt wurde jedes Objektiv jeweils umfassend und gründlich. Im Interesse der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit werden nur einzelne Testtafeln gezeigt, die besonders interessante oder signifikante Ergebnisse veranschaulichen. Die Objektiv-Bewertung, wie sie im Text beschrieben ist, fußt natürlich auf einem umfassenden Testlauf des jeweiligen Objektivs.

Wie immer habe ich viel Augenmerk auf die Abbildungseigenschaften gelegt, die sich aus den Aufnahmen verschiedener Testcharts ableiten lassen, und diese technisch ermittelten Ergebnisse dann mit praktischen Aufnahmen verglichen – eine Gegenüberstellung, die oft die nicht so berauschenden Auswertungen der Testcharts relativiert hat. Alle Labortests wurden mit den drei führenden Programmen für die technische Analyse von Objektiv-Kamera-Kombinationen, also mit dem DxO Analyzer, dem IE-Analyzer und mit Imatest und den entsprechenden Test- und Auflösungstargets gemacht.

Es erscheint mir wichtig, zu betonen, dass alle Ergebnisse Momentaufnahmen jeweils eines einzigen getesteten Objektivs sind und daher keinen absoluten oder generell gültigen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit stellen können. Wie bereits früher einmal erwähnt, müsste ich für eine umfassende Analyse mindestens ein oder zwei Dutzend gleiche Objektive und Kameras vergleichen und ausmessen, um zu Aussagen zu gelangen, die dann eine breitere und allgemeine Gültigkeit haben sollten.
 
 
Artikelserie – Lichtstarke 24er im Test:
Einleitung – Lichtstarke 24er im Test
Canon EF 1,4/24 mm L USM II
AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED
Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro (lesen Sie gerade)
Sony Carl Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM (SAL24F20Z) (ab 27.5.2011 um 15:15 Uhr online)
Leica Summilux-M 1,4/24 mm Asph. (ab 28.5.2011 um 15:15 Uhr online)
 
 
Anmerkung der Redaktion: Es ist weder unsere Art, Seiten zu schinden, noch Klickstrecken zu bauen oder Artikel über mehrere Seiten auszubreiten, auf dass die vermeintliche Zugriffs- und Klickrate steige (Bilderstrecken sind für sowas sehr beliebt – das katapultiert die Seitenaufrufe nach oben). In diesem Fall haben wir uns aber entschlossen, die einzelnen Objektivtests auch in einzelne Artikel zu verpacken, weil das a) doch eine ganze Menge Grafiken und Auswertungen sind, und es b) so hoffentlich leichter verdaulich wird und weil c), wer sich nur für ein bestimmtes Objektiv interessiert, das auch schneller in Überschrift und Text und via Suche wiederfindet.
 

Nachtrag (8.6.2011): Wir haben im Zuge der Diskussion zu den Vignettierungswerten des Leica Summilux-M 1,4/24 mm Asph. (die M9 korrigiert die Vignettierung automatisch und auch in der DNG-Datei, wenn die Objektiverkennung eingeschaltet ist) nochmal alle Dateien aller Objektive überprüft und dabei festgestellt, dass bei der Vignettierungs-Auswertung des Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro eine Vignettierungskorrektur eingeflossen ist (schwächste Stufe der Vignettierungskorrektur der D3x). Die Werte sind deshalb viel zu gut ausgefallen. Die tatsächliche, unkorrigierte Vignettierung liegt bei 76 % (rund 2 Blendenstufen) – nicht bei 49 % (rund 1 Blendenstufe), wie ursprünglich angegeben. Wir haben daraufhin oben den Text und die Grafik zur Vignettierung korrigiert. Und Sie wissen jetzt auch, was u.a. man mit einer Software-Korrektur noch rausreißen kann.