Das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. für die Leica-M-Serie kostet erkleckliche 5000 Euro. Das teuerste Objektiv in unserer Testreihe lichtstarker 24er ist es damit unzweifelhaft. Aber ist es auch das Beste?

Foto + Grafiken: Leica

Das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. samt MTF-Kurven von Leica

Zitat Leica: Die MTF ist jeweils für die volle Öffnung und für die Öffnung 5,6 für große Aufnahmeentfernungen (unendlich) angegeben. Aufgetragen ist der Kontrast in Prozent für 5, 10, 20, 40lp/mm über die Höhe des Kleinbildformats für tangentiale (gestrichelte Linie) und sagittale Strukturen(durchgezogene Linie) bei weißem Licht. Die 5 und 10lp/mm geben einen Eindruck über das Kontrastverhalten für gröbere Objektstrukturen, die 20 und 40lp/mm dokumentieren das Auflösungsvermögen feiner und feinster Objektstrukturen.

 
Zunächst zur Einordnung: Das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. kostet mit 5000 Euro (exakt 4995 Euro; und das kostet es nach unseren Recherchen bei allen Händlern, die Preisempfehlung ist hier auch der „Straßenpreis“) rund drei Mal soviel wie die Pendants von Canon (ca. 1500 Euro) und Nikon (ca. 1800 Euro) und ungefähr das Neunfache des 24er Sigma-Objektivs (ca. 550 Euro) – doch ist es auch wirklich um so viel besser?

Es ist jedenfalls markant kleiner als die anderen Objektive, muss es doch keine Retrofokus-Konstruktion sein, da die M-Leicas keinen Spiegelkasten und damit ein vergleichsweise geringes Auflagemaß haben und das Objektiv zudem weit ins Kameragehäuse ragen darf.

Und um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es ist optisch deutlich besser als vergleichbare Objektive anderer Hersteller, und das schon bei Offenlende. Ein Schmankerl für einen kleinen Kreis von Auserwählten, so will ich es kurz charakterisieren.
 

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Ergebnisse für das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. bei Blende 1,4, erhalten durch Ausmessen einer Matrix aus 9 Siemenssternen und Auswertung mit dem IE Analyzer. Sehr respektabel!
Den Abfall zum Rand hin führe ich auch auf eine geringe Bildfeldwölbung zurück (das Target ist ja komplett eben). Gegen Abbildungsfehler spricht, dass auch die kleineren „Kreise“ keine ausgesprochene Richtung zeigen, sondern ziemlich rund sind.

 
 
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Bei Blende 5,6 erreicht das Summilux praktisch überall die theoretische Grenze der perfekten Auflösung.

 
Hier die Screenshots der einzelnen Sterne – Mitte, rechts unten und links oben bei Blende 1,4 und abschließend links oben bei Blende 5,6.
 

Grafik: Georg N. Nyman

M9 mit Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – Stern Mitte (Stern 0) bei Blende 1,4
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

M9 mit Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – Stern rechts unten (Stern 8) bei Blende 1,4
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

M9 mit Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – Stern links oben (Stern 4) bei Blende 1,4
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

M9 mit Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – Stern links oben (Stern 4) bei Blende 5,6

 
Schauen Sie sich doch noch einmal im direkten Vergleich beispielsweise die Sterne von Canons EF 1,4/24 mm L USM II an.

Das ist eine andere Liga von Optikqualität, in der dieses Objektiv angesiedelt ist!

Hier die Ergebnisse für die MTF, also diejenige Funktion, die eine Beziehung zwischen dem Kontrast an einem Bildort in Abhängigkeit der Ortsfrequenz – der Feinheit der Details – herstellt. Die MTF, so wie sie der DxO Analyzer darstellt, bestätigt die visuellen Ergebnisse. Hier die Auswertung bei Blende 1,4, zuerst für die Bildmitte, dann für die Ecken des Bildfeldes:
 

Grafik: Georg N. Nyman

MTF für Summilux-M 1,4/24 mm Asph. bei Blende 1,4 – Mitte
 
 
Grafik: Georg N. Nyman

MTF für Summilux-M 1,4/24 mm Asph. bei Blende 1,4 – Ecken

 
Die Kontrasterhaltung für den Mittenbereich ist bei Offenblende sehr deutlich besser als bei Canon, Nikon, Sigma und Sony, und ist auch in den Ecken besser (zu den jeweiligen Objektiv-Tests siehe die Links am Ende des Artikels). Die Bildfeldebnung, die sphärisch bedingten Fehler und auch die Farbfehler sind besser korrigiert. Auch hieran zeigt sich wieder die optische Überlegenheit sowohl des Konzepts als auch der Umsetzung durch Leica – das hat natürlich seinen Preis.

Hinsichtlich der chromatischen Aberration hat das Objektiv eine ganz andere Lösung anzubieten – es ist ausgezeichnet farbkorrigiert bis etwa 85 ~ 90 % der Bilddiagonale, dann sackt die Farbkorrektur deutlich ab. Das bedeutet, in den Ecken (und nur in den Ecken) ist die Farbkorrektur nicht mehr berauschend; zumindest nicht bei diesem einen Objektiv. Hier die visuelle Umsetzung der Messergebnisse aus dem DxO Analyzer – erst in den Bildecken wird die Farbkorrektur sichtbar schwächer:
 

Grafik: Georg N. Nyman

 
Wie sehen Verzeichnung und Vignettierung aus? Zuerst die Verzeichnung. Hier sieht man eine interessante Variante: von der Mitte ausgehend, ist die Verzeichnung zuerst in Richtung Tonne gehend und dreht dann gegen die Bildecken hin zu Kissen – das bedeutet, dass das Bildfeld subjektiv relativ gut ausbalanciert erscheint. Genau das gleiche Ergebnis kann man auch in den von Leica publizierten technischen Fakten zu diesem Objektiv finden.

Nachstehend der Verlauf der Verzeichnung von der Bildmitte bis in die Ecken. Die beiden vertikalen Linien zeigen die Grenzen des vertikalen und des horizontalen Bildformates an und die stark ausgezogene schwarze Kurve stellt den errechneten Mittelwert aus allen Punkten über den Bildfeldverlauf dar:
 

Grafik: Georg N. Nyman

Verzeichnung des Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – IE Analyzer

 
Das stellt sich im Bild dann so dar: erst zu den Bildecken hin werden die Linien wieder gestreckt und zum Rand hin gezogen – eine sehr clevere Methode, um eine immanent sichtbar werdende Verzeichnung zu reduzieren.
 

Grafik: Georg N. Nyman

Verzeichnung, 5x verstärkt zur besseren Erkennung

 
Was die Vignettierung angeht, so sinkt die Bildhelligkeit laut Leica in den Bildecken um rund 3,3 Blendenstufen (= ca. 90 %) – das ist der schlechteste Wert aller lichtstarken 24er dieses Testparcours. Wir können Ihnen hier leider nur die kameraintern bereits korrigierte Version zeigen, korrigiert die M9 die Vignettierung doch automatisch und auch in der DNG-Datei, wenn die Objektiverkennung eingeschaltet ist – und das war bei der Auswertungsaufnahme (leider) der Fall (siehe auch den Nachtrag unten):
 

Grafik: Georg N. Nyman

Kameraintern korrigierte Vignettierung in Abhängigkeit vom Bildort:
0 = Mitte, 100 = Ecke, maximaler Wert = 44 % (weniger als 1 Blendenstufe)

 
Nach jeder technischen Review sollten auch einige Aufnahmen kommen, und das wird ja wohl auch erwartet, die die Qualität der getesteten Objektive zeigen. Bei einem Weitwinkelobjektiv liegt die Qualität aber so, dass durch die Übermittlung in den Cyberspace praktisch alle Qualität „baden“ geht. Es macht daher kaum Sinn, solche Aufnahmen zu präsentieren. Was bei lichtstarken Objektiven allerdings Sinn macht, ist, Aufnahmen zu zeigen, bei denen die Lichtstärke wichtig war. Gleich zeige ich Ihnen eine Aufnahme, die bei Schneefall (im Hintergrund sehen Sie Schneefall, nicht etwa Bildrauschen) und in der Nacht mit ISO 1250 mit der M9 und bei Blende 1,4 aufgenommen (und dann in Photoshop 5 entzerrt) wurde – hier habe ich die Bildqualität und die hohe Lichtstärke wirklich geschätzt:
 

Foto: Georg N. Nyman

(Klick aufs Bild!)

 
Zum Schluss noch eine andere Aufnahme mit dem Summilux-M 1,4/24 mm Asph. Hier möchte ich die hervorragende Klarheit der Strukturen und die Brillanz der Wiedergabe zeigen – soweit es möglich ist, diese über das Web wiederzugeben. Was Sie auf diesen web-optimierten Bildern nicht sehen, glauben Sie mir bitte einfach:
 

Foto: Georg N. Nyman

Tacitus vor dem Wiener Parlament
(Klick aufs Bild!)

 
Und um die Eingangsfrage aufzugreifen, ob das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. „um so viel besser“ ist, als es mehr kostet: Das kann nicht schlüssig beantwortet werden, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Denn so gefragt ist das Loch der Lochkamera das beste Objektiv, weil preis-leistungsmäßig unschlagbar.

Wenn, ja „wenn ich einmal reich wär’“ – dann würde ich mir das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. von Leica ganz sicher leisten wollen. Und bis dahin – nun, für meine Nikon wird es wahrscheinlich das Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro

(Georg N. Nyman)
 
 
Zum Testprozedere:

  • EF 1,4/24 mm L USM II an einer Canon EOS 1Ds MkIII
  • AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED an einer Nikon D3x
  • Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro an einer Nikon D3x
  • Carl Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM an einer Sony alpha 900
  • Summilux-M 1,4/24 mm Asph. an einer Leica M9

Da besonders bei Weitwinkelobjektiven eine ganz exakte orthofrontale Ausrichtung der Kamera in Bezug auf die Testtargets von hoher Wichtigkeit ist, habe ich zur Ausrichtung einen Leica-Laserentfernungsmesser verwendet und durch trigonometrische Messung der einzelnen Abstände der Kamera zu den Ecken des jeweiligen Targets die Ausrichtung ermittelt. Dabei bleibt systembedingt ein Restfehler von etwa +/- 2 mm bei einer Entfernung von 1 m übrig. Zusätzlich erlaubt eine Funktion im DXO Analyzer die Berechnung der Orthofrontalität aus der Lage der aufgenommenen Punkteraster – der so ermittelte Fehler lag im Mittel bei maximal etwa 0,1-0,2 Grad, was für die Auswertung belanglos ist.

Die Aufnahmen wurden grundsätzlich im Raw-Format gemacht und wo möglich, auch in diesem Format ausgewertet.

Da die Messprogramme nur zum Teil Raw-Dateien verarbeiten können, wurde bei denjenigen Programmschritten, wo kein Raw–Format möglich war, ein konvertiertes TIFF verwendet –  natürlich ohne irgendwelche verändernde Einstellungen bei der Konversion zuzulassen. Zu TIFF wurde in dem Raw-Konverter entwickelt, den der jeweilige Kamerahersteller empfiehlt (also Nikon-NEF in Nikon Capture NX etc.).

Zur Auswertung wurden diese Programme eingesetzt:

  • DXO Analyzer (erlaubt in einigen Schritten Raw, und in dem Fall wurden auch Raw-Dateien benutzt, sonst TIFF)
  • Image Engineering Analyzer (TIFF, da er keine Nikon-, Canon- oder Sony- Raw-Dateien erlaubt)
  • Imatest von Norman Koren (kann praktisch alle Rohdatenformate verarbeiten und verwendet einen eingebauten Konverter dafür)

Zur Fokussierung wurde immer der Autofokus genutzt (Ausnahme: Leica M9), das Fokussierfeld wurde auf eine klare und gut definierte Kante möglichst nahe der Mitte eingestellt. (Manuelles Scharfstellen hatte ich auch probiert, aber angesichts der modernen, leeren Mattscheiben ohne Einstellhilfen waren die Ergebnisse schlechter.) Das von mir auch beobachtete Problem der Differenz von AF-Schärfenlage und exakter Schärfenlage (focus-shift) bei ganz offener Blende lichtstarker Objektiven habe ich versucht, durch eine vorherige Kameraoptimierung des eingebauten AF auf das zu messende Objektiv auszugleichen.

Bei der Leica M9 wurde manuell fokussiert; durch den Sucher auf den Schnittbildentfernungsmesser. Kontrolliert wurde die Scharfstellung mit einem 7x-Monokular. Dabei ist mir aufgefallen, dass die optimale Schärfe einer Aufnahme nicht immer ganz exakt mit der so ermittelten Schärfenebene übereingestimmt hat. Da aber die M9 kein Life-View hat, gab es keine andere Möglichkeit zur Scharfstellung.

Für die Auswertung wurde dann jeweils die beste aus mehreren Aufnahmen ausgesucht.

Nachbemerkung zum Testprozedere bzw. zu den hier gezeigten Auswertungen: Getestet und beurteilt wurde jedes Objektiv jeweils umfassend und gründlich. Im Interesse der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit werden nur einzelne Testtafeln gezeigt, die besonders interessante oder signifikante Ergebnisse veranschaulichen. Die Objektiv-Bewertung, wie sie im Text beschrieben ist, fußt natürlich auf einem umfassenden Testlauf des jeweiligen Objektivs.

Wie immer habe ich viel Augenmerk auf die Abbildungseigenschaften gelegt, die sich aus den Aufnahmen verschiedener Testcharts ableiten lassen, und diese technisch ermittelten Ergebnisse dann mit praktischen Aufnahmen verglichen – eine Gegenüberstellung, die oft die nicht so berauschenden Auswertungen der Testcharts relativiert hat. Alle Labortests wurden mit den drei führenden Programmen für die technische Analyse von Objektiv-Kamera-Kombinationen, also mit dem DxO Analyzer, dem IE-Analyzer und mit Imatest und den entsprechenden Test- und Auflösungstargets gemacht.

Es erscheint mir wichtig, zu betonen, dass alle Ergebnisse Momentaufnahmen jeweils eines einzigen getesteten Objektivs sind und daher keinen absoluten oder generell gültigen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit stellen können. Wie bereits früher einmal erwähnt, müsste ich für eine umfassende Analyse mindestens ein oder zwei Dutzend gleiche Objektive und Kameras vergleichen und ausmessen, um zu Aussagen zu gelangen, die dann eine breitere und allgemeine Gültigkeit haben sollten.
 
 
Artikelserie – Lichtstarke 24er im Test:
Einleitung – Lichtstarke 24er im Test
Canon EF 1,4/24 mm L USM II
AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED
Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro
Sony Carl Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM (SAL24F20Z)
Leica Summilux-M 1,4/24 mm Asph. (lesen Sie gerade)
 
 
Anmerkung der Redaktion: Es ist weder unsere Art, Seiten zu schinden, noch Klickstrecken zu bauen oder Artikel über mehrere Seiten auszubreiten, auf dass die vermeintliche Zugriffs- und Klickrate steige (Bilderstrecken sind für sowas sehr beliebt – das katapultiert die Seitenaufrufe nach oben). In diesem Fall haben wir uns aber entschlossen, die einzelnen Objektivtests auch in einzelne Artikel zu verpacken, weil das a) doch eine ganze Menge Grafiken und Auswertungen sind, und es b) so hoffentlich leichter verdaulich wird und weil c), wer sich nur für ein bestimmtes Objektiv interessiert, das auch schneller in Überschrift und Text und via Suche wiederfindet.
 

Nachtrag (8.6.2011): Wie in den Kommentaren bereits angemerkt und zu Recht auch angemahnt, sind unsere Vignettierungs-Werte fürs Summilux-M 1,4/24 mm Asph. viel zu optimistisch ausgefallen, weil wir die Objektiverkennung eingeschaltet hatten – in dem Fall korrigiert die M9 die Vignettierung automatisch und unwiderruflich auch in der DNG-Datei. Wir haben daraufhin oben bei der Vignettierungsauswertung den Text entsprechend geändert und der Auswertungs-Grafik einen Hinweis hinzugefügt. Hier zu den Hintergründen:

Die Leica M9 korrigiert die Vignettierung auch in den DNG-Dateien, und zwar abhängig von:

  • der verwendeten Blende (mit der Außenmesszelle an der Kameravorderseite wird eine Vergleichsmessung zur TTL Messung und eine Abschätzung der eingestellten Blende vorgenommen)
  • der eingestellten ISO-Empfindlichkeit (je höher der ISO Wert, desto geringer werden die Bildecken aufgehellt, um das Bildrauschen in diesen Bildteilen nicht zu stark ansteigen zu lassen)
  • der eingestellten Objektiverkennung (falls diese auf „AUS“ steht, wird keinerlei Korrektur vorgenommen)

So mussten wir auf die Vignettierungs-Angaben aus dem Datenblatt zum Summilux-M 1,4/24 mm Asph. zurückgreifen und haben die oben eingefügt.