Foto: Sony Alpha 7R IIMit der Alpha 7R II hat Sony eine Kamera abgeliefert, die sich zumindest auf dem Papier für praktisch jede Aufnahmesituation empfiehlt. Einige der Zutaten dafür: Ein Kleinbildsensor mit 44 Megapixel Auflösung, ein AF-System, das auch mit adaptierten Objektiven klarkommen will, ein 5-Achsen-Bildstabi und für Videofilmer die Möglichkeit zu 4K-Aufnahmen direkt auf die Speicherkarte. Doch Papier ist geduldig und grau ist alle Theorie. Was die Kamera wirklich darauf hat, zeigt sich erst in der Praxis – ich war einige Tage mit Sonys neuem Meisterstück unterwegs.

Nominell folgt die Alpha 7R II der Alpha 7R nach, letztere bleibt jedoch weiterhin im Programm. Dabei wirkt die Alpha 7R II viel mehr wie eine Fortentwicklung der Alpha 7 II, von der sie weitgehend (aber nicht nur) die äußere Hülle übernimmt. Ganz so zierlich und leicht wie die erste Generation der Alpha-7-Familie ist die Alpha 7R II also nicht mehr. Dafür liegt sie deutlich griffiger in der Hand, der Auslöser ist günstiger positioniert und das etwas größere Gehäuse bietet Platz für eine weitere, die zehnte, frei konfigurierbare Funktionstaste. Eine sichtbare Veränderung zur Alpha 7R gibt es dann aber doch bei der 7R II: Ihr Moduswählrad ist jetzt mit einem Sperrknopf versehen. Nur wenn er gedrückt gehalten wird, lässt sich das Rad drehen. Für meinen Geschmack hätte Sony darauf verzichten können, das Rad geht sowieso derart schwer, dass es sich kaum unbeabsichtigt verstellt. Das kann man leider nicht vom rückwärtigen Steuerrad sagen, das sich wie eh und je viel zu leicht dreht – hier hätte es meines Erachtens deutlich mehr Optimierungspotenzial gegeben.

Foto: Sony Alpha 7R II

Gegenüber der ersten Generation der Alpha-7-Familie hat die Alpha 7R II an Größe und Gewicht zugelegt.
Sie bleibt aber immer noch sehr handlich, dank des ausgeprägten Handgriffs liegt sie sicher in der Hand.

 

Spätestens beim Blick durch den Sucher zeigt sich dann, dass der äußere Schein trügt: Sony hat gegenüber den bisherigen Alpha-7-Modellen den EVF der Alpha 7R II nämlich in zweierlei Hinsicht verbessert: Zunächst einmal wächst die Suchervergrößerung auf das 0,78fache an, laut Sony ist der Sucher der Alpha 7R II damit derzeit der weltgrößte Kleinbildsucher. Und zum Zweiten ist die Austrittspupille nun mit einer reflexionsmindernden T*-Vergütung von Zeiss veredelt. Letzteres habe ich als sehr angenehm empfunden, wenn die Sonne in meinem Rücken steht. Überhaupt ist die Bildkomposition mithilfe des elektronischen Suchers eine Freude. Seine Farbdarstellung ist vorzüglich, hell ist er auch, selbst bei direktem Gegenlicht; schnelle Kamerabewegungen gibt er ansatzlos und ohne zu schlieren wieder.

Foto: Sony Alpha 7R II - Gehäuse und Verschluss

Links: Das Gehäuse der Alpha 7R II besteht aus einer leichten, festen Aluminium-Magnesium-Legierung.
Rechts: Den Verschluss der A7R II hat Sony neu entwickelt, er ist im Vergleich zur Vorgängerin deutlich
leiser und erschütterungsärmer.

 

Rund 3.500 Euro ruft Sony für die Alpha 7R II auf – eine hübsche Stange Geld. Dafür gibt es dann aber zunächst einmal eine Systemkamera, die durchaus noch zierlich ist und hervorragend in der Hand liegt. Dem Handling zugutekommt sicherlich auch das geringe Gewicht der Alpha 7R II – gerade einmal 625 Gramm drückt sie betriebsbereit (aber ohne Objektiv) auf die Waage. Für das geringe Gewicht verantwortlich ist zu einem guten Teil eine Magnesium-Aluminium-Legierung – aus diesem leichten aber sehr zähen Metall ist das Gehäuse der Alpha 7R II weitgehend gefertigt. So wirkt die Kamera äußerst robust; laut Sony ist sie staub- und feuchtigkeitsbeständig, jedoch nicht explizit wasserfest oder spritzwassergeschützt.

Ein Nachteil des kleinen, handlichen Gehäuses sei aber nicht verschwiegen: Es bleibt weiterhin nur Platz für einen eher schwachbrüstigen Akku NP-FW50. Laut Sony hält der für 290 bis 340 Aufnahmen durch (je nachdem, ob man den EVF oder das Display benutzt) – das ist nicht viel. Bei einem Model-Shooting war mein Akku bereits nach gut zwei Stunden leer. Gut, dass ich zwei weitere frisch aufgeladene Energiespender in der Fototasche hatte. Wie wichtig die Energiereserve ist, hat offenbar auch Sony erkannt: Die Alpha 7R II wird mit zwei Akkus ausgeliefert, zudem liegt eine richtige Ladeschale im Karton.

Im Vergleich zur Vorgängerin hat Sony den Verschluss der A7R II deutlich verbessert. Rummste der bei der Alpha 7R noch deutlich hörbar und übertrug seine Erschütterung auf die ganze Kamera, ist er bei der Alpha 7R II nun angenehm gedämpft – für verwackelte Aufnahmen wird man den Verschluss nicht mehr verantwortlich machen können. Zudem ist die Alpha 7RII mit einem völlig lautlosen, elektronischen Verschluss ausgestattet, wie ihn Sony erstmals mit der Alpha 7S eingeführt hat. Und gegen Verwacklungsunschärfe ist ihr Sensor stabilisiert, wie schon bei der Alpha 7 II. Dieser Bildstabilisator funktioniert auch mit adaptierten Fremdobjektiven bestens, etwa mit dem Zeiss Otus 1.4/85 mit Canon-EF-Mount.

Neue Funktionen

Bleibt bei der Alpha 7RII äußerlich vieles beim Alten (wenn man die Alpha 7 II als „alt“ bezeichnen möchte), so hat Sony den jüngsten Spross der Alpha-7-Familie unter der Haube kräftig aufgewertet. Neu bei der Alpha 7R II ist zum Beispiel die Möglichkeit, der ISO-Automatik eine Verschlusszeit vorzugeben, die im Aufnahmemodus P oder A nicht überschritten werden darf. Entweder fix, zum Beispiel 1/30 s – oder aber relativ mit Angaben wie „Fast“ oder „Slow“. Bei relativen Vorgaben bezieht die Alpha 7R II die Brennweite des Objektivs mit ein und orientiert die Belichtungszeit daran. In den Modi „Slower“ und „Slow“ liegt die Priorität auf einem möglichst niedrigen ISO-Wert, mit einer entsprechend längeren Belichtungszeit. Bei „Faster“ und „Fast“ verhält es sich genau andersherum – hier hält die Kamera die Belichtungszeit möglichst kurz und fährt die ISO-Empfindlichkeit entsprechend hoch.

Sony Alpha 7R II: Konfiguration ISO-Automatik

Die ISO-Automatik der Alpha 7R II lässt sich konfigurieren – entweder mit allgemeinen Vorgaben wie
„Schnell“ (links) oder durch direkte Vorgabe einer Verschlusszeit, die nicht überschritten werden soll.

 

Die Alpha 7R II ist die erste Kamera aus der Alpha-7-Familie, bei der sich Reihenaufnahmen mit dem Selbstauslöser kombinieren lassen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, nicht so jedoch bei den bisherigen Spiegellosen von Sony. Auch den bislang schmerzlichen vermissten Umschalter zwischen Display und EVF bringt Sony nun bei der Alpha 7R II endlich; eine der zehn frei konfigurierbaren Tasten lässt sich entsprechend einrichten. Bislang war man dazu auf Gedeih und Verderb dem Augensensor im Sucher ausgeliefert, der oftmals genug das Display auch dann abschaltet, wenn die Kamera vor dem Bauch gehalten wird. Sony macht es bei der Alpha 7R II außerdem möglich, den Auslöser für Videoaufnahmen auf eine der Funktionstasten zu legen. Weiterhin geht es jedoch nicht, der MOVIE-Taste eine andere Funktion zuzuweisen. Ebenfalls neu: Zoomt man bei der Wiedergabe ins Bild hinein, erscheint automatisch die Bildpartie in der Vergrößerung, auf der bei der Aufnahme der Fokus lag.

Reihenaufnahmen mit Selbstauslöser, eine konfigurierbare ISO-Automatik oder Wiedergabezoom auf den Fokuspunkt – dazu ist sicherlich keine neue Hardware nötig. Vielmehr dürfte Sony dafür lediglich das Betriebssystem der Alpha 7R II, die Firmware, entsprechend erweitert haben. Da drängt sich naturgemäß die Frage auf, ob sich die willkommenen Neuerungen demnächst per Firmware-Update bei den älteren Mitgliedern der Alpha-7-Familie nachrüsten lassen. Doch alle Sony-Repräsentanten (auch von Sony Japan), die ich danach gefragt habe, gaben mir lediglich ein dünnes „no comment“ zur Antwort.

Autofokus

Während eine klassische DSLR die Fokusentfernung nach dem Phasenvergleichsverfahren ermittelt, fokussieren Systemkameras per Kontrastmessung direkt auf dem Bildsensor. Der Kontrast-AF gilt als äußerst akkurat, aber auch langsam. Um ihm Beine zu machen, packen die Hersteller von Spiegellosen seit einiger Zeit zusätzliche Phasenvergleichssensoren auf den Bildwandler. Sie sorgen für die Grobarbeit, während die Kontrastmessung die Feineinstellung übernimmt. Auch Sony setzt seit der Alpha 6000 auf diese Kombination zweier AF-Verfahren, hier heißt sie „Fast Hybrid AF“.

Bei der Alpha 7R II kümmern sich 399 Phasen-AF-Sensoren um rasches Fokussieren. Sie decken 45 Prozent des Bildbereichs ab, laut Sony derzeit die größte Abdeckung unter den Vollformatkameras. Verwendet habe ich den Autofokus hauptsächlich mit den neuen Batis-Objektiven von Zeiss, dem 2/25 sowie dem 1.8/85. Aber auch das neue Makro-Objektiv FE 90 mm F2.8 Macro G OSS von Sony, sowie zwei ältere Zooms habe ich an der Alpha 7R II eingesetzt. Ganz gleich, welches Objektiv zum Einsatz kam, im Modus Einzelbild-AF (AF-S) stellt die Alpha 7R II pfeilschnell scharf. Vor allem aber sitzt der Fokus praktisch immer perfekt dort, wo ihn haben wollte – die Ausschussquote ist geringer als zehn Prozent. Eine reife Leistung, wie ich finde, fällt doch angesichts der hohen Auflösung der Alpha 7R II bereits ein minimaler Fehlfokus gnadenlos auf.

Abbildung: Sony Alpha 7R II - Bildbereichsabdeckung des Phasen-AF

Laut Sony deckt derzeit bei keiner anderen Kleinbildkamera der Phasen-AF einen
derart großen Bildbereich ab wie bei der Alpha 7R II.

 

Beim exakten Fokussieren hilft auch, dass sich das Fokusfeld auf einer von 25 Positionen über dem gesamten Bild frei positionieren lässt. Zudem bietet die Alpha 7R II einen Augen-AF, er fokussiert auf Knopfdruck auf das Auge im Bild, das der Kamera am nächsten ist. Bei Porträtaufnahmen mit großer Blende habe ich diese Funktion gerne verwendet, zumal Sony sie bei der Alpha 7R II nochmals entscheidend verbessert hat: Der Augen-AF funktioniert nun auch, wenn der Fokus automatisch nachgeführt wird (AF-C) – da darf sich das Model dann auch gerne bewegen, ohne dass die Augenpartie aus der Schärfeebene läuft.

Bei statischen Motiven oder solchen, die sich nur mäßig bewegen, gibt es am Autofokus der Alpha 7R II nichts auszusetzen. Anders sieht es aus, wenn Action ins Spiel kommt und die Kamera bei schnellen Bildserien die Schärfe kontinuierlich nachführen soll. Mit einer Serienbildrate von 5 Fotos/Sekunde (fps) ist die Alpha 7R II zwar recht flott, aber sicherlich keine echte Sportkanone. Erschwerend kommt hinzu, dass der Autofokus sehr bald sein Ziel verliert, wenn sich die Aufnahmeentfernung während einer Bildserie schnell ändert. Bringt mir meine Hündin Janna ihr Spielzeug zurück, wandert die Schärfe sehr schnell von ihrem Kopf über den Rücken und dann hinter sie hinaus. Keine Probleme hat der Nachführ-AF dagegen, wenn sich das Motiv nahezu parallel zur Aufnahmeebene bewegt.

Alpha 7R II: Autofokus-Nachführung

Bewegt sich ein Motiv auf den Fotografen zu, hat die Alpha 7R II erkennbar Mühe, den Autofokus nachzuführen.
Hier war meine Hündin im zweiten Bild der Serie noch scharf, im sechsten nicht mehr.

 

Einzigartig ist das Fokussystem der Alpha 7R II dann, wenn sie nicht mit nativen E-Mount-Objektiven bestückt wird. Dank ihres geringen Auflagenmaßes von nur 18 Millimeter lässt sich ja praktisch jedes Kleinbildobjektiv an der Alpha-7-Familie adaptieren. Verwendet man nun einen Adapter, der nicht nur mechanisch sondern auch elektronisch voll-kompatibel zum E-Mount ist, funktioniert der Autofokus der Alpha 7R II weiterhin. Einzige Voraussetzung: das adaptierte Objektiv muss mit einem integrierten Fokusantrieb versehen sein. Das Sony 70-200/2.8 G SSM für A-Mount erfüllt diese Bedingung und lässt sich via Adapter LA-EA3 praktisch ohne Einschränkung an der Alpha 7R II verwenden. Aber auch ein Sigma 24-105/4 DG OS HSM aus der hochwertigen Art-Serie mit A-Bajonett stellte an der Alpha 7R II via LA-EA3 stellte an der Alpha 7R II rasch und zielsicher scharf.

Dass Sony dafür gesorgt hat, dass die Alpha 7R II adaptierte A-Mount-Objektive automatisch fokussieren kann, mag nicht verwundert. Aber damit nicht genug, das Verfahren funktioniert mit praktisch jedem adaptierten Objektiv, wenn es und der Adapter die genannten Voraussetzungen erfüllen. Derzeit gibt es elektronisch voll-kompatible Adapter für Canon-EF-Mount, etwa von Metabones (Modell MB_EF-E-BT4). Über ihn habe ich die Canon-Objektive EF 24mm f/2.8 IS USM und EF 50mm f/1.8 STM an die Alpha 7R II angeschlossen. Mit beiden Objektiven hatte die Alpha 7R II keine Probleme, schnell und präzise scharf zu stellen.

Mit der Fähigkeit, auch adaptierte Fremdobjektive fokussieren zu können, wird die Alpha 7R II zu einer sehr universellen Kamera. Stand heute lassen sich an ihr A-Mount-Objektive mit integriertem AF-Antrieb praktisch ohne Einschränkungen verwenden, ebenso Objektive mit Canon-EF-Mount. Und dem Vernehmen nach entwickeln chinesische Tüftler bereits elektronisch kompatible Adapter von Nikon-F-Mount auf Sony-E-Bajonett. Der Alpha 7R II eröffnet das einen riesigen Pool an Objektiven, was den einen oder anderen Interessierten sicherlich die Kaufentscheidung erleichtern wird. Fraglich ist aber auf der anderen Seite, wie sehr Sony das noch aus Minolta-Zeiten stammende A-Bajonett zukünftig pflegen wird. Die mit der Alpha 7R II eingeführten AF-Fähigkeiten machen bei Lichte betrachtet weitere Kameras mit A-Mount obsolet.

Video-Qualitäten

Die Alpha 7R II ist nicht nur eine hervorragend ausgestatte Fotokamera, sondern richtet sich ausdrücklich auch an Videographen. Sie zeichnet auf Wunsch mit 4-K-Auflösung (3840 x 2912 Pixel, entspricht etwa acht Megapixel) und zwar auf die Speicherkarte (UHS Class 3), ein externes Aufzeichnungsgerät wie noch die Alpha 7S benötigt sie nicht mehr. Dabei ist eine maximale Framerate von 25p/30p möglich, die Bitrate kann bis zu 100 Mb/s betragen. Interessant ist sicherlich auch, dass die Kamera im Crop-Modus „Super 35 mm“ (entspricht der Bildbreite von APS-C) den kompletten Sensorinhalt ausliest (entspricht einer Auflösung von etwa 15 Megapixel) und erst anschließend das Videobild auf 4K-Auflösung herunterrechnet. Qualitätsmindernde Tricks wie Pixel-Binning oder Line-Skipping verkneift sich die Alpha 7R II dabei.

Grafik: Alpha 7R II - Videoauflösung

Dank der hohen Sensorauflösung nimmt die Alpha 7R II 4K-Videos mindestens
mit fast zweifachem Oversampling auf.

 

Die Ausstattung der Alpha 7R II für Videoaufnahmen ist durchaus professionell. Sie zeichnet Time-Codes auf, ermöglicht eine manuelle Aussteuerung des Tonpegels und bietet diverse Profile (inklusive s-Log) – um nur einige zu nennen. Ich hatte leider noch keine Gelegenheit, mich ausführlich mit den Video-Eigenschaften der Alpha 7R II zu beschäftigen. Nur so viel: Der Autofokus funktioniert mit den bereits genannten Einschränkungen auch im Videobetrieb wunderbar.

Bildqualität

42,4 Megapixel löst der Bildwandler der Alpha 7R II auf. Sony verspricht trotz der daraus resultierenden hohen Pixeldichte herausragende High-ISO-Eigenschaften. Ob die Alpha 7R II dieses Versprechen auch einlöst, habe ich mir genau angesehen. Außer Frage dürfte stehen, dass die Alpha 7R II mit ihrer sehr hohen Auflösung das Potential für eine sehr gute Detailwiedergabe mitbringt. Dafür sollte sie natürlich mit adäquatem Glas bestückt werden, wobei die Anforderungen an die Objektive noch moderat sind: Im Crop-Modus beträgt die Auflösung der Alpha 7R II rund 18 Megapixel, da gibt es APS-C-Kameras, die deutlich höher auflösen.

Foto: Model

 

Sony Alpha 7R II - 100%-Ausschnitt

Fotografen werden die hohe Auflösung lieben, Models und Visagisten dagegen hassen.
Unten ein 100%-Ausschnitt aus der 44-Megapixel-Datei.

 

Sony traut der Alpha 7R II trotz ihres recht geringen Pixelpitch eine maximale Empfindlichkeit von ISO 102.400 zu. Erreicht wird dies durch zwei besondere Eigenschaften des Bildsensors: Zum einen ist er in BSI-Technik ausgeführt, zum anderen bestehen die Leiterbahnen aus Kupfer anstatt wie üblich aus Aluminium (siehe auch: Sony Alpha 7R II, CyberShot RX10 II und RX100 IV: Revolutionäre Sensortechnologie?). Der deutlich geringere Innenwiderstand von Kupfer soll sein Scherflein dazu beitragen, dass die Aufnahmen mit der Alpha 7R II bis in höchste ISO-Regionen möglichst rauscharm bleiben.

In der Tat scheint Sony nicht zu viel zu versprechen. Bis etwa ISO 800 sind die RAW-Aufnahmen in der 100%-Ansicht von Lightroom praktisch rauschfrei, ab ISO 1600 machen sich dann feinste Helligkeitsstörungen bemerkbar. Dabei ist das Korn jedoch äußerst klein und kontrastarm – auch noch bei ISO 3200. Ab ISO 6400 wird das Korn dann etwas grober, der Kontrast des Rauschens nimmt zu. Erhöht man die Empfindlichkeit um eine weitere Stufe, wird das Rauschen aggressiver und beginnt feinste Bilddetails sichtbar zu zerstören. Aber selbst bei ISO 25.600 bekommt man das Rauschen mit der Rauschunterdrückung von Lightroom noch gut in den Griff, wenn es nicht mehr auf allerfeinste Bilddetails ankommt. Das liegt sicherlich auch daran, dass die Alpha 7R II bis zu dieser ISO-Stufe und darüber frei von besonders störendem Farbrauschen ist. Das tritt selbst bei ISO 52.200 praktisch noch nicht auf, das Helligkeitsrauschen ist bei dieser Empfindlichkeitsstufe dann aber derart ausgeprägt, dass es zu deutlichen Strukturverlusten kommt.

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 200

 

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 800

 

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 3200

 

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 12800

 

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 25600

 

Beispielbild: Alpha 7R II - ISO 51200

 

Je nach Anforderungen an Rauscharmut und Detailwiedergabe sind die Aufnahmen bis ISO 1600, eventuell sogar bis ISO 3200 bei voller Auflösung zu gebrauchen – also entsprechend einer Druckgröße von ca. 67,3 x 45 cm bei 300 ppi (entspricht etwa DIN A2). Wird die Druckauflösung auf DIN A3 reduziert (etwa eine Magazin-Doppelseite), geben die RAW-Dateien noch bis ca. ISO 12.800 genügend Dynamik und Farbdifferenzierung für eine ordentliche Reproduktion her. Immer vorausgesetzt natürlich, dass die Aufnahmen exakt belichtet wurden und vor allem die Helligkeit nicht nachträglich aufgezogen werden muss.

Alpha 7R II: ISO 12.800

 

Alpha 7R II: ISO 12.800

Wird die Ausgabeauflösung auf etwa DIN A3, also rund 17 Megapixel bei 300 ppi, reduziert
(Bild unten zeigt entsprechenden 100%-Ausschnitt), liefert die Alpha 7R II selbst bei
ISO 12.800 noch mehr als brauchbare Ergebnisse.

 

Die interne Rauschunterdrückung der Alpha 7R II greift für meinen Geschmack standesmäßig zu kräftig ein. Dadurch gehen spätestens ab ISO 3200 deutlich mehr Details flöten, als nötig wäre. Zudem produziert die Rauschunterdrückung ab etwa ISO 12.800 fleckige Helligkeitsstörungen. Das kann Lightroom besser (andere RAW-Konverter sicherlich auch, das habe ich aber noch nicht ausprobiert). Davon abgesehen gibt die JPEG-Aufbereitung der Alpha 7R II kaum Anlass zur Kritik: Die Schärfe ist eher knackig, aber keines überschärft, Farben gibt die Kamera fein differenziert wieder, der automatische Weißabgleich meiden den oftmals bei Kameras aus Fernost üblichen kühlen Unterton.

Die Alpha 7R II bietet also in der Tat phantastische High-ISO-Fähigkeiten – bezogen auf die Auflösung braucht sie sich nicht einmal hinter der in dieser Hinsicht bislang einzigartigen Alpha 7S zu verstecken. In der Praxis wird man derart hohe ISO-Werte, wie sie die Alpha 7R II erlaubt, eher selten benötigen. Ein wichtiger Vorteil ergibt sich dennoch daraus: die Alpha 7R II eröffnet bis in mittlere ISO-Regionen ein ungeheures Nachbearbeitungspotential. Da kann man selbst bei Aufnahmen mit ISO 800 die Tiefen noch um +2 EV aufhellen, ohne dass das Rauschen überhandnimmt, oder es in den dunklen Bildbereichen gar zu Strukturverlusten kommt.

Alpha 7R II: Dynamik-Umfang

Welchen immensen Dynamik-Umfang die Alpha 7R II verarbeiten kann,
demonstriert diese unbearbeitete RAW-Version (links) und die angepasste Variante (rechts).

 

Möglich macht dies aber auch der sehr hohe Dynamikumfang, den die Alpha 7R II verarbeiten kann. Die Fähigkeit, bei extrem kontrastreichen Motiven selbst in dunkelsten und hellsten Bildbereichen noch verwertbare Informationen aufzuzeichnen, ist bei der Alpha 7R II fast schon überragend. Da erübrigt sich häufig eine Belichtungsreihe, die man dann später zu einem HDR-Bild zusammenfügen könnte.

Wie heute fast alle Digitalkameras neigt auch die Alpha 7R II zu einer sehr konservativen Belichtungssteuerung. Es scheint, als versuche sie, auf alle Fälle ausbrennende Lichter zu vermeiden. Das funktioniert bei sehr kontrastreichen Motiven gut; fehlen die Kontraste im Motiv, geraten die Aufnahmen aber um -0,3 bis -1 EV zu dunkel. Glücklicherweise lässt sich da dank des griffigen Rads zur Belichtungskorrektur sowie mit einem einblendbaren Histogramm gut gegensteuern.

Mein Fazit

Mit der Alpha 7R II liefert Sony eine Systemkamera ab, die sicherlich weit mehr als ein „Me-too“-Produkt ist. Sie paart auf derzeit einzigartige Weise eine sehr hohe Sensorauflösung mit exzellenten High-ISO-Fähigkeiten. Zudem merzt Sony bei der Alpha 7RII einige Kritikpunkte aus, die sich die Vorgängerin Alpha 7R gefallen lassen musste. Ihr Verschluss ist zeitgemäß leise und erschütterungsarm, die Serienbildrate auf einem akzeptablen Niveau. Hinzu kommt eine Reihe von Neuerungen in der Firmware, die man sich für die gesamte Alpha-7-Familie wünscht. Herausragend ist zudem die Fähigkeit des Autofokus, mit adaptierten (Fremd-) Objektiven scharf stellen zu können.

Doch auch bei der Alpha 7R II ist nicht alles Gold, was glänzt. Den Nachführ-AF hat Sony zwar deutlich verbessert, seine Fähigkeiten bleiben aber weiterhin hinter denen einer professionellen DSLR zurück. Auch gefällt mir die Rauschunterdrückung nicht ganz so gut – womit sich aber wunderbar leben lässt, wenn man in RAW aufzeichnet.

Ist die Alpha 7R II also eine Kamera für alle Fälle? Solange keine Sport- und Action-Motive auf dem Plan stehen, sicherlich. Dann wird sie selbst Fotografen mit allerhöchsten Ansprüchen zufrieden stellen. Dank ihrer leichten und kompakten Bauform macht sie nicht nur im Studio eine gute Figur, sondern gerade auch bei der Reportage- und Eventfotografie. Zusätzlich eignet sie sich bestens zur Aufzeichnung hochwertige Videoclips. Angesichts des Gebotenen geht der Preis von rund 3.500 Euro aus meiner Sicht so gerade noch Ordnung, auch wenn der puristische Fotograf vielleicht unnütze Videofunktionen mitbezahlen muss.

Aktualisiert 18.08.2015: Sony hat uns darauf hingewiesen, dass die Alpha 7R II zwar staub- und feuchtigkeitsbeständig ist, jedoch nicht explizit wasserfest oder spritzwassergeschützt. Der Artikel wurde entsprechend geändert.

(Martin Vieten)