Viele Galerien und Museen verabschieden sich in die Sommerpause. Dennoch gibt es auch im August viel Kunst zu sehen und zu entdecken. Eine Übersicht der wichtigsten Präsentationen in kühlen Räumen an heißen Tagen.

Essen

Noch bis zum 16. August 2015 richtet das Museum Folkwang in Essen in der Schau „Robert Frank. Books and Films, 1947–2014“ den Blick auf die vielen publizierten Bücher und Manuskripte dieses Revolutionärs der subjektiven Dokumentarfotografie. Der 1924 geborene New Yorker Fotograf Robert Frank gehört zu den einflussreichsten Fotografen des 20 Jahrhunderts. Außerdem wird Franks filmisches Werk vollständig gezeigt.

Robert Frank: Welsh Miners

Robert Frank „Welsh Miners“, 1953 Aus dem Buch „London/Wales“ (2007) Foto: © 2015 Robert Frank
 

Die Fotografien aus Robert Franks Büchern werden zusammen mit einer Auswahl von bislang noch nicht ausgestellten Kontaktabzügen per Acryl-Inkjetdruck auf bis zu vier Meter lange Zeitungspapierbahnen gedruckt und dann direkt an die Wände geklebt. Mit diesem Präsentationskonzept will Frank selber der Musealisierung seines Werks entgegentreten: „Cheap, quick, and dirty, that’s how I like it!“. Darüber hinaus wird die Ausstellung durch die Serie „From the Bus“ aus dem Bestand des Museum Folkwang ergänzt, die Franks Abschied von der Street Photography und seinen Übergang zum Film markiert.

Hamburg

Zurückhaltung ist nicht unbedingt seine Sache. In der Serie „Stags, Hens & Bunnies“ fördert der Londoner Fotograf Dougie Wallace immer wieder menschliche Entgleisungen zutage, wenn er am Wochenende in der Küstenstadt Blackpool unterwegs ist und dort Horden junger Männer und Frauen einfallen sieht, die ihren Abschied vom Junggesellendasein feiern. Auch in Shoreditch in East London geht es chaotisch zu. Tagsüber treibt er durch die engen Straßen und Märkte, nachts durch die Pubs, um ein buntes Publikum von Selbstdarstellern festzuhalten. Nichts scheint ihm zu entgehen, wenn er die Ureinwohner und Ladenbesitzer, Flohmarktbesucher und Touristen, Hipster, Nightclub-Tänzerinnen, Künstler, Sprayer, Skater, die berauschten oder verlorenen Seelen in einem wüsten Bilderbogen präsentiert. Bis zum 4. September 2015 in der FREELENS Galerie in Hamburg. Die Ausstellung ist seine Premiere in Deutschland.

Hannover

Die Kestnergesellschaft in Hannover zeigt bis zum 27. September 2015 „Scopophilia“ der amerikanischen Fotografin Nan Goldin. Die Ausstellung umfasst Fotografien von Meisterwerken im Louvre in Paris. Diese setzt sie in Bezug zu sehr persönlichen Aufnahmen von Freunden und ihrer Familie. Wie häufig bei Goldin erzählen die Fotografien von ihren persönlichen Beziehungen und ihrem Freundeskreis. Sie verweisen zugleich auf soziale Zustände und Entwicklungen in der Gesellschaft.

Herford

In jüngster Zeit gewinnt die Shan-shui-Tradition, die chinesische Berg-Wasser-Malerei, wieder an Bedeutung. Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aktualisieren das Genre und übertragen es auf die Medien Fotografie, Skulptur, Installation, Video und Performance. Einen Eindruck davon vermittelt die Ausstellung „Harmonie und Umbruch. Spiegelungen chinesischer Landschaften“ bei Marta Herford in Herford, die bis zum 4. Oktober 2015 zu sehen ist. Dabei steht nicht ein getreues Abbild einer sichtbaren Außenwelt im Vordergrund, sondern es spiegelt sich das innere Erleben des Künstlers. Die gegensätzlichen Pole Berg und Wasser, das Massive und das Flüssige, werden stellvertretend für das Gleichgewicht in der Welt in einen dynamischen Austausch gebracht.

München

Die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München zeigt noch bis zum 13. September 2015 eine Retrospektive der 1999 in Paris verstorbenen, argentinisch-französischen Künstlerin Lea Lublin, die in Deutschland bislang nahezu unbekannt ist. Neben Fotografien, Zeichnungen, Wandinstallationen und Videos der Künstlerin können Besucherinnen und Besucher eine Rekonstruktion von Lublins Environment „Fluvio Subtunal“ aus dem Jahr 1969 erleben. Im Zuge der Ausstellungsorganisation hat das Lenbachhaus zahlreiche wichtige Werke aus dem Pariser Nachlass gesichert und restauriert. Viele Arbeiten sind zum ersten Mal seit 20 Jahren zu sehen. Die Präsentation wird durch Leihgaben aus dem Museum of Modern Art in New York, dem Centre national des arts plastiques, dem Fonds régional d’art contemporain Alsace und der Bibliothèque nationale de France ergänzt. Anlässlich der Ausstellung erscheint ein Katalog.

Oberhausen

Die Schau „Figures & Interiours“ des 1965 in Zürich geborenen Künstlers Andy Denzler stellt bis zum 16. August 2015 in der Ludwiggalerie eine malerische Position vor, die mit den Mitteln des Fotorealismus arbeitet: Es geht Andy Denzler nicht nur um die Wahrnehmung von Bewegung, sondern auch um die Störung des klaren Blickes, der sich durch die Öffnung und den Zusammenfluss der Farbebenen einstellt. Durch seine spezielle Technik des Farbverzugs wandelt sich das Bild. Das Sujet wird entstellt und in einer Weise verfremdet, als würde der Betrachter durch eine optisch verzerrende Scheibe schauen. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Berliner Galerie Michael Schultz.

Salzburg (AU)

In seiner Ausstellung „Anziehend anders“, die bis 8. August 2015 in der Leica Galerie Salzburg zu sehen ist, zeigt der 1961 geborene Mexikaner Enrique Badulescu Fotografien, die er für das Leica-S-Magazin 2015 aufgenommen hat. Seine Werke zeichnen sich durch starke Farb-Kontraste, Mut zu kreativen Experimenten und perfektes technisches Knowhow aus. Legendär sind seine Unterwasser-Inszenierungen. Schon in den 90er Jahren fotografierte er seine erste Unterwasser-Serie für das Modelabel Hérmes. Auch andere internationale Labels wie Louis Vuitton, Dior, Marco Polo, Desigual oder auch H&M zählen zu seinen Auftraggebern. Manche Bilder bearbeitet Badulescu künstlerisch auf ungewöhnliche Weise: Farben, Folien, Tuschen und Klebstoff gehören hier zu seinen kreativen Utensilien.

Fotografie von Enrique Badulescu

Wien (AU)

Mit einer groß angelegten Retrospektive würdigt das Kunst Haus Wien erstmals in Österreich bis zum 1. November 2015 den 1938 in New York geborenen US-amerikanischen Künstler Joel Meyerowitz, der als Pionier der Farbfotografie und Mitbegründer der Street Photography Geschichte schrieb. Die Ausstellung beschreibt anhand von rund 250 Arbeiten aus fünf Jahrzehnten den künstlerischen Werdegang des Fotografen, dessen vielfältiges Werk nachfolgende Künstlergenerationen prägte. Meyerowitz‘ Serien „From a Moving Car“ (1968), „Cape Light“ (1978) oder die Portraits „Red Heads“ (1980-1990) sorgten international für Aufsehen und gelten wie seine dynamischen Straßenszenen in New York oder in Europa als Ikonen der Fotografie. Meyerowitz gehört neben William Eggleston, Stephen Shore und Joel Sternfeld zu den wichtigsten Vertretern der amerikanischen New Color Photography.

Marc Peschke/Martin Vieten