Jetzt, Anfang November, ist der Sommer fast schon vergessen. Da macht es wieder Freude, in Fotobüchern zu blättern, von denen in diesem Herbst wieder einige ganz besondere erschienen sind. Wir stellen besondere Novitäten vor – und geben auch wieder Ausstellungstipps

 

Foto Lee Miller, Hutmodell

Lee Miller, Hutmodell
 
 
Foto Lee Miller, Selbstporträt

Lee Miller, Selbstporträt

 
Beginnen wir mit der Schwarzweißfotografie. Bei Scheidegger & Spiess ist jetzt das Buch „Lee Miller. Fotografin, Muse, Model“ verlegt worden. Die Amerikanerin, die zuerst als Model für Edward Steichen und Man Ray arbeitete, zählt heute zu den wichtigsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts – bekannt wurden vor allem ihre Bilder der Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Dachau. In diesem Buch jedoch sind vor allem die Modefotografien von Miller zu entdecken, die bis etwa 1950 entstanden.
 

Foto Landsturmmänner

Landsturmmänner
 
 
Foto Stellung am Gletscher

Stellung am Gletscher

 
Anton Holzers Band „Die letzten Tage der Menschheit. Der Erste Weltkrieg in Bildern“, erschienen bei Primus, ist ein erschütterndes Dokument. Beigegeben sind dem Buch Texte von Karl Kraus, der mit seinem Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ ein bis heute kraftvolles Werk gegen den Krieg verfasst hat. So stehen Kriegsbilder neben den Texten von Kraus – kommentiert durch den renommierte Fotohistoriker Anton Holzer. Die Fotos stammen aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und werden teilweise zum ersten Mal publiziert.
 

Sabine Dehnel, Mona V (Simone de Beauvoir), 2011

Sabine Dehnel, Mona V (Simone de Beauvoir), 2011
C-Print, 80 x 110 cm

 
 
Sabine Dehnel, Mona X (Astrid Lindgren), 2012

Sabine Dehnel, Mona X (Astrid Lindgren), 2012
C-Print, 80 x 100 cm

 
Ein großer Sprung. Hinein in die aktuelle Fotokunst. Das Werk von Sabine Dehnel überzeugt uns seit vielen Jahren schon – inhaltlich und visuell. Bei Hatje Cantz ist das neue Buch der Berlinerin veröffentlicht worden, das eine Ausstellung im Museum Wiesbaden begleitet, die bis zum 26. Januar 2014 zu sehen ist. Immer ist es die Verbindung von Malerei, Installation und Fotografie, die Dehnel in ihrem Werk zu einer Einheit verschmilzt. Das Endergebnis ihrer aufwändigen, malerisch-installativen Arbeit ist oft fotografisch, wie auch die neue Serie „Mona“ zeigt. In diesem Fall bemalte sie die Haut ihrer Modelle, die sie später dann fotografiert. Zu sehen sind ausschließlich Dekolletés, auf denen Amulette weiblicher Ikonen ruhen. Dehnels Thema ist ein zeitloses: die Weiblichkeit.
 

Foto Volker Schrank

 
 
Foto Volker Schrank

Fotos: Volker Schrank

 
So aufwändig, wie Sabine Dehnel arbeitet, so schlicht ist das Werk von Volker Schrank, dessen Buch „Stammtische“ jetzt im Deutschen Kunstverlag erschienen ist . Sein Thema sind Stammtisch-Schilder – doch was uns hier fehlt, ist die persönliche Note. Die eigene Handschrift, die das Werk aus der bloßen Dokumentation hebt.

Ganz anders wieder Jimmy Nelson, der die große Inszenierung liebt. „Before they pass away“, schon der Titel des imposanten Fotobuchs sagt ganz deutlich, um was es dem Fotografen hier geht. Er fotografiert Ethnien, Lebensweisen von Menschen, welche die letzten ihres Volkes sind. Ihr Wissen, ihr Leben, ihre Riten und Bräuche, all das wird es in einer zunehmend globalisierten Welt nicht mehr geben.
 

Foto

© Before They Pass Away by Jimmy Nelson
Kazakhs, Mongolia
Published by teNeues, www.teneues.com
Photo © Jimmy Nelson Pictures BV, www.beforethey.com

 
Seine Bilder entstehen nicht nebenbei, sind nicht lakonisch und leise, sondern: laut, dramatisch, voller Pathos, episch und erhaben. Das Buch ist ein veritabler Wälzer, ein viele Kilo schweres XXL-Monstrum, das man wegen seiner Prunksucht ein wenig überkandidelt finden kann. Wieso dieser Hang zum Monumentalen? Vielleicht deshalb: Es wurde schon so oft leise gesprochen: über das Verschwinden von Völkern – und die zunehmende Stereotypisierung in dieser Welt.
 

Foto

© Before They Pass Away by Jimmy Nelson
Ladakhi, Himalaya – Jammu and Kashmir
Published by teNeues, www.teneues.com
Photo © Jimmy Nelson Pictures BV, www.beforethey.com

 
Nelsons Buch ist anders: Es ist laut, will ein deutliches Zeichen setzen. Kulturen auf der ganzen Welt hat er fotografiert. Indigene Völker, die noch im Einklang mit der Natur leben, die ihre Traditionen bewahren. Vor dem Hintergrund atemberaubender Landschaften, in Szene gesetzt mit einer Großformatkamera auf 424 Seiten. Die letzten Ethnien – als Coffeetable-Book. Sehr deutlich greift der 1967 in Kent geborene Bildermacher in die Situation ein. Arrangiert und inszeniert seine Protagonisten. Seine Bilder wollen gefallen, wollen faszinieren, wollen die Augen öffnen. Für das, was es bald nicht mehr geben wird. Das Buch ist bei teNeues publiziert worden.
 

Foto Indien, Uttar Pradesh, Agra. Mausoleum Taj Mahal

Indien, Uttar Pradesh, Agra. Mausoleum Taj Mahal von Shah Jahan für Mumtaz Mahal, Stéphane Passet, 19.-21. Januar 1914
Musée Albert-Kahn, Frankreich

 
 
Foto

Irland, Galway, Marguerite Mespoulet, 26. Mai 1913
Musée Albert-Kahn, Frankreich

 
 
Foto

Mongolei, Ulaanbaatar. Der Finanzminister des unabhängigen Staats Mongolei auf dem Marktplatz, Stéphane Passet, 22. Juli 1913
Musée Albert-Kahn, Frankreich

 
„1914 – Welt in Farbe. Farbfotografie vor dem Krieg“ ist ein erstaunliches Buch, das eine Ausstellung im LVR-LandesMuseum Bonn begleitet, die bis zum 23. März 2014 zu sehen ist: die Welt am Vorabend des Ersten Weltkrieges in frühe Farbfotografien aus dem Archiv der Medienpioniere Albert Kahn, Sergej M. Prokudin-Gorskii und Adolf Miethe. Die entscheidende, spannende Frage, welche dieses Buch stellt: Wäre die Fotografie als Farbfotografie erfunden worden – wer hätte je Schwarzweiß vermisst?
 

Foto Jan Windszus

© Jan Windszus

 
Keinesfalls vermisst man Schwarzweiß, wenn man im Lissabon-Bildband von Jan Windszus blättert. Dem Berliner gelingt es, mehr als vielen anderen, das sehr besondere Gefühl in der portugiesischen Hauptstadt einzufangen – eine stille, sonderbar schöne Stadt, die wie kaum eine andere mit dem Meer verbunden ist. Das Buch ist folglich auch bei mare erschienen.
 

Foto Mitch Dobrowner, Trichter, Kornfeld, Northfield, Minnesota, 2010

Trichter, Kornfeld, Northfield, Minnesota, 2010
© Mitch Dobrowner

 
 
Foto

Straße bei Guymon, Oklahoma, 2009
© Mitch Dobrowner

 
Einer, der Stürme nicht fürchtet, ist Mitch Dobrowner. Geschult an klassischen amerikanischen Lichtbildnern wie Ansel Adams oder Minor White schafft der Amerikaner etwas ganz Besonderes: Bilder von Stürmen, die uns in Erstaunen versetzen – in ihrer Monumentalität und Erhabenheit. Jetzt ist sein Buch „Sturm“ bei Prestel veröffentlicht worden, welches atemberaubende Bilder der Naturgewalten zusammenbringt. Vor allem im amerikanischen Südwesten sind seine Bilder entstanden, die er ausschließlich in Schwarzweiß fertigt. Alles andere als alltäglich sind diese spektakulären Bilder, die auch von der Ehrfurcht, der Hochachtung vor den Naturphänomenen erzählen. Erhaben wirken diese Fotografien, überwältigend, unermesslich.

Am Ende von Foto-Frisch steht wie immer eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern – oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten – angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
 

Sabine Dehnel, Fanny, 2013

Sabine Dehnel, Fanny, 2013
C-Print, 42 x 59,5 cm, Auflage: 15 + 3 a. p., signiert, nummeriert

 
Diesmal empfehlen wir die „Collector’s Edition“ des Buchs von Sabine Dehnel. Das Motiv heißt „Fanny“ und entstammt der Serie „Playground“. Zu sehen ist eine Frau, eingehüllt in ein Geflecht aus bunten Spielfeldmarkierungen, in einer Turnhalle. Eigens für die Edition, einem C-Print auf Hahnemühle Künstlerpapier, wurde eine dieser Linien zudem mit glänzender Folie von der Künstlerin von Hand aufgestickt. (C-Print auf Hahnemühle-Papier Photo Rag ultra Smooth, mit farbigem Folienstreifen von der Künstlerin von Hand bestickt, mit Buch. Blattformat: 42 x 59,5 cm, Bildformat: 31,5 x 42 cm, Auflage: 15 + 3 a. p., signiert, nummeriert. Preis 650 Euro.)
 

(Marc Peschke)