Foto der OM-D (E-M5) von OlympusOlympus hat die neue OM-D (E-M5) der Fachpresse vorgestellt. Wir konnten die Kamera in Augenschein nehmen und auch damit fotografieren – hier erste Erkenntnisse zu einer kleinen, feinen Kamera:

Die OM-D E-M5 von Olympus ist eine sogenannte spiegellose Systemkamera; mitunter auch als „CSC“ (compact system camera) klassifiziert. Und man mag dazu stehen, wie man will, dieser Typus ist auf dem Vormarsch. Siehe dazu auch Kameramarkt 2011 – Spiegellose im Aufwind. In Japan haben die Spiegellosen im Schnitt schon fast 50 % Marktanteil und im Dezember 2011 wurden dort erstmals mehr Spiegellose denn Spiegelreflexen verkauft. In Taiwan sind sie ähnlich beliebt; der Rest der Welt hängt noch hinterher, hier dürfte derzeit rund jede vierte verkaufte Kamera keinen Spiegel mehr haben; mit steigender Tendenz.

„OM-D“ ist übrigens der Kategorienname, so wie auch „PEN“. Während sich die PEN-Modelle an den Kompaktkamera-Aufsteiger und den „Spaßfotografen“ richten, zielt die OM-D-Serie auf den engagierten Fotografen. Erste Inkarnation ist die „OMD E-M5“, die wir im Folgenden kurz „E-M5“ nennen wollen. Die Olympus-Meldung samt der Technischen Daten zur Neuen finden Sie hier: Neue Kamera-Kategorie von Olympus: OM-D (E-M5).

Der Handhabungsfaktor

Klein, elegant, edel. Diesen Eindruck macht die E-M5 beim Ansehen und Anfassen. Mir ist sie ein wenig zu klein, ebenso wie es mir die OM-4 war:
 

Foto thoMas

 
Ich bin, was das angeht, doch eher der Grobmotoriker. Eine E-5 etwa schmiegt sich mir sehr in die Hand, oder auch eine alpha 900 – wobei ich beide erst mit dem Handgriff so richtig handhabbar finde (und nein, die E-M5 ist mir auch mit Handgriff noch nicht „gewichtig“ genug). Aber das ist meine Hand. Wer elegante kleine Kameras, wie dazumalen die Modelle der OM-Serie, mag, dem wird wohl auch die E-M5 ausnehmend gut gefallen.
 

Foto der OM-D (E-M5) von Olympus    Foto der Rückseite der OM-D (E-M5) von Olympus
 
 
Foto der Oberseite der OM-D (E-M5) von Olympus

 
Über die Bedienung selbst kann und will ich nach knapp sechs Stunden mit der Kamera nicht allzu viel sagen, denn das ist immer auch Gewöhnungssache und kommt mit der Zeit. Die Kamera kann sehr viel, wobei ich – zumindest für den Anfang, wie gesagt – doch etwas irritierend fand, dass sich die Menüs je nach Stellung des Programmwahlrades verändern. In „P“ etwa werden mir ganz andere Optionen angeboten als in „iAUTO“ oder in „ART“. Das ist einerseits logisch, denn nicht alles kann ich in jedem Programm wählen. Andererseits fände ich es lehrreicher und einfacher zu behalten, wenn ich a) immer dieselben Menüs vorfände und b) immer alle Möglichkeiten (ausgegraut) sehen würde, die die Kamera ganz generell beherrscht. So, wie ja auch ein Computerprogramm seine Menüs nicht ständig ändert, sondern einfach die Befehle, die aktuell nicht möglich sind, ausgraut.

Sehr gut gefallen hat mir wiederum jene Info-Möglichkeit, wie sie z.B. auch von der E-5 bekannt ist: auf dem Rückseitenmonitor kann man sich eine Übersicht aller aktuellen Einstellungen (Programm, ISO, AF, …) anzeigen lassen, und die auch direkt dort anwählen und ändern.

Der Sucher

Die E-M5 hat dieselbe Suchertechnologie eingebaut wie der Aufstecksucher VF-2 für die PEN. Er hat 1,4 Millionen Bildpunkte und erweist sich in der Praxis als unauffällig, will heißen, er funktioniert gut und ohne Nervfaktor. Für Sportaufnahmen und ähnliche Motive mit schnell bewegtem Inhalt lässt er sich beschleunigen: Im Modus „high response“ sinkt die Auflösung auf etwa die Hälfte, dafür baut sich das Bild sichtlich schneller auf (240 B/s statt 120 B/s). Also: Für die Bildgestaltung und die Schärfebeurteilung die Einstellung mit der hohen Auflösung, für schnelle Motive die grober aufgelöste Einstellung ohne Verwischeffekte.

Zumindest habe ich keine gesehen – wobei ich dem Sucher auch nicht mehr so die große Aufmerksamkeit geschenkt habe. Erstens funktioniert er gut, zweitens haben ich den schwenkbaren Monitor in vielen Fällen vorgezogen. Aber, in Amsterdam war es bedeckt und regnerisch. An hellen Sonnentagen sieht das sicher ganz anders aus. Da erkennt man auf dem Monitor nur schwerlich das Motiv und ist froh um den Suchereinblick.

Auch im Kollegenkreise, so hatte ich den Eindruck, hat sich die einst heiß diskutierte Frage des Für und Wider eines elektronischen Suchers entspannt. Er war kaum mehr ein Thema, er ist halt da, zeigt das Bild und ist mittlerweile so gut, dass in der Praxis benutzt wird, ohne groß zu reden.

Nicht zu Unrecht weist nicht nur Olympus darauf hin, dass so ein elektronischer Sucher auch gewichtige Vorteile hat: Jedwede Bildänderung – Belichtungskorrekturen, Art-Filter usw. – zeigt er unmittelbar; unterschiedlichste Gitterlinien und sonstige Informationen lassen sich quasi nach Belieben einblenden.

Wobei, auch das sei erwähnt, im Vergleich mit dem 100-Prozent-Spiegelreflexsucher einer Kleinbildkamera wirkt jeder kleinere Sucher doch etwas dunkel-tunnelig – das gilt für optische APS-C-Sucher ebenso wie für elektronische Sucher.

Mangels Sonnenscheins konnte ich nicht nachvollziehen, was mir damals beim Sucher VF-2 zur PEN E-P3 aufgefallen ist: „Er ist sehr gut und damit kann man auch an den hellen Sonnentagen zur Mittagszeit fokussieren – und doch wünschte ich mir bei diesen Gelegenheiten einen optischen Sucher. Das liegt daran, dass die elektronischen Sucher, so gut sie mittlerweile sind, verhältnismäßig zu dunkel sind: Das Auge stellt sich ja auf die hohe Umgebungshelligkeit ein und wenn man dann in den Sucher schaut, sieht erstmal alles nur duster aus – eine Augen-Adaption wird fällig. Und das Gleiche dann wieder zurück ins Helle. Ein optischer Sucher hingegen ist praktisch genauso hell wie das Motiv; das Auge muss nicht adaptieren.“ Da der in die E-M5 eingebaute Sucher dem VF-2 entsprechen soll, gehe ich davon aus, dass auch er bei grellem Sonnenschein diese Bemerkung meinerseits provozieren würde.

Kurz gefasst: Jenseits der Glaubensfrage, die jeder für sich selbst beantworten muss, lässt sich mit elektronischen Suchern wie dem der E-M5 mittlerweile (fast) ebenso gut fotografieren wie mit den meisten optischen Suchern; rein informationstechnisch betrachtet ist der elektronische Sucher sogar deutlich auskunftsfreudiger. Es geht derzeit immer noch besser, das bedingt aber ein Flaggschiff-Modell im Kleinbildformat mit Spiegelreflex- oder auch Messsucher.
 

Foto der Rückseite der OM-D (E-M5)

 
Der Monitor

Der schwenkbare – aber nicht drehbare – Monitor ist mit Berühr-Bedienung ausgestattet; damit lässt sich punkt-fokussieren und auslösen. Nett, aber ich hätte das nicht unbedingt gebraucht. Viel besser finde ich den Schwenkmechanismus, der die Bildkontrolle bei Überkopf- und Bodenaufnahmen doch erheblich erleichtert und dessen Aufhängung aus Metall einen soliden Eindruck macht.

Ansonsten: unauffällig, gut.

Die Bildqualität

Ich hatte ein Vorserienexemplar in Händen – fertigungstechnisch schon final, aber ohne finale Firmware (v0.9). Deshalb bat Olympus einerseits, keine hochaufgelösten Fotos zu publizieren und wies andererseits darauf hin, dass die Bildergebnisse noch nicht endgültig sind. Dennoch sei soviel gesagt: Die Qualität der Fotos mit 4608×3456 Pixeln ist dem ersten Anschein nach sehr gut; mit lebendiger Tendenz. Will heißen, die E-M5 tendiert zu gefälligen, eher farbkräftigen Fotos, die auf jeden Fall schon mal gut wirken. Wer das nicht möchte, der fotografiert mit RAW (auch RAW+JPEG ist möglich) und entwickelt dann etwas verhaltener. Wer andererseits noch mehr möchte, dem bietet die E-M5 diverse Artfilter, die das Bildergebnis ganz nach Geschmack aufpeppen – auch deshalb ist RAW+JPEG meine bevorzugte Standardeinstellung, denn egal, was die Kamera an Bildoptimierungen oder Effekten ins Bild rechnet, ich habe für den Fall der Fälle immer noch eine unbearbeitete Version als Ausgangspunkt für eine Entwicklung nach meinen Vorstellungen.
 

Foto thoMas
 
 
Foto thoMas

Original (links) und Art-Filter

 
Nebenbei: In der Standardeinstellung geht die E-M5 das Rauschen recht heftig an; dies aber sichtlich auf Kosten der Detailzeichnung. Hier empfiehlt es sich m.E., generell eine niedrigere Rauschkorrektur zu wählen oder sie ganz zu deaktivieren – glätten kann man auch in der Bildbearbeitung.

Der Bildstabilisator

Der Bildstabilisator ist jetzt ein 5-Achsen-Stabilisator (nach dem Sensor-Shift-Prinzip), der sich neben dem Wackeln auch dem Schwanken widmet, will heißen, er kann nicht nur Hoch- und Tiefverschiebungen der Kamera in gewissen Bereichen ausgleichen, sondern auch Verschwenkungen – wenn die Kamera also um die Achse gekippt wird (sofern ich das neue Prinzip soweit richtig verstanden habe). Nun funktionierte auch der vorherige Stabilisator schon sehr gut, wobei der neue theoretisch noch ein wenig besser sein sollte – Olympus gibt an, er sei bis zu 5 Zeitstufen „schärfer“. Das bedeutet, wird die Freihandaufnahme ohne Stabilisator beispielsweise nur mit 1/1000 s scharf, ist sie das mit Stabilisator auch mit 1/30 s noch. Die neue 5-Achsen-Technik sollte sich zudem besonders im Nah- und Makrobereich als etwas effektiver erweisen als die alte Technik, denn bei geringen Aufnahmeabständen wirken sich Winkeländerungen (Kamera-Verkippungen) deutlich stärker aus als im Fernbereich.

Der Welt schnellster Autofokus

Olympus wirbt damit, dass die E-M5 den weltschnellsten Autofokus hat, wobei sie aber keinesfalls der Welt schnellst-fokussierende Kamera unter allen Umständen ist. Bei bewegten Motiven, beim Nachführautofokus, sind Spiegelreflexmodelle bzw. das Phasendetektionsverfahren nach wie vor unerreicht. Olympus hat den schnellsten Autofokus, das wollen wir glauben – aber bei statischen Motiven gemessen.
 

Foto thoMas

 
Das ist übrigens ein Grund, warum die E-5 als mittlerweile einzige FourThirds-Kamera im Programm bleiben wird. Die Aussage dazu lautete sinngemäß: die E-5 wird weiter angeboten, und das wird so lange der Fall sein, so lange es kein Spitzenmodell im MicroFourThirds-Standard von Olympus gibt.

Generell aber ist die Kamera sehr flott, das betrifft die sehr kurze Auslöseverzögerung und auch den durchaus flotten Autofokus. Motiv sehen – anvisieren – auslösen – Foto ist gemacht.

Lebendige Langzeitbelichtungen

Olympus hatte in den letzten Jahren, neben guten technischen Ideen, auch ein paar nette Einfälle. Etwa die Art-Filter, die es auch bei der E-M5 gibt. Die neueste Idee ist „Live Bulb“ und gehört unzweifelhaft zu den Dingen, von denen man erst dann weiß, wie toll sie sind, wenn es sie gibt und man sie hat bzw. ausprobiert. Eine wirklich gute Idee hatte Olympus da: bei Langzeitbelichtungen wird das aktuell aufgezeichnete Bild auf dem Monitor angezeigt und kontinuierlich aktualisiert; in wählbarer Schrittweite, beispielsweise alle 0,5 s. Das heißt, man sieht, wie sich das Motiv schrittweise aus dem Dunklen aufbaut, sieht, wie das Ergebnis jeweils nach 0,5 s, 1 s, 1,5 s … Belichtung aussieht und lässt einfach in dem Moment den Auslöser los, wenn das Ergebnis gefällt.
 

Foto thoMas
 
 
Foto thoMas
 
 
Foto thoMas

 
Sicher, es ist auch möglich, Langzeitbelichtungen ohne „Live Bulb“ zu machen. Testbelichtungen, Belichtungsreihen, einfach mal draufhalten – all das ist möglich und machbar. Aber gezielter und mit mehr Spaß geht es mit „Live Bulb“; es macht einfach Laune, wenn man sieht, wie sich die Langzeitbelichtung langsam auf dem Monitor aufbaut. Und das Ergebnis wird so, wie man sich das vorstellt, weil man im richtigen Moment stoppen kann.

Resümee

Die E-M5 ist eine kleine und feine Kamera geworden. Solide gefertigt, edel in der Anmutung, gut gestaltet, geschütztes Gehäuse. Je nachdem bietet sie alles, was Fotografenherzen begehren mögen. Der eine kann sie auf Vollautomatik stellen, der andere mit den Art-Filtern spielen (die auch die Kollegen immer wieder in helle Begeisterung versetzen) und wieder eine andere kann Fotos mit Vorgaben ganz nach ihren Wünschen machen. Von intelligenter Vollautomatik bis zur genauen Festlegung der einzelnen Parameter – das beginnt mit dem Belichtungsprogramm, geht über die Empfindlichkeitswahl und den Schärfungsgrad, und hört bei der Farbabstimmung noch lange nicht auf – hat der Fotograf die Wahl, wie viel er der Kamera überlassen und wie viel er selbst vorgeben möchte.

Wenn ich eine kleine, so handliche wie elegante, Kamera – aber keine Spielzeugkamera – wollte, dann stünde die E-M5 ganz oben auf meiner Liste. Da ich aber bin, wie ich bin, und meine Hände auch: Stellen Sie mir eine E-M5 und eine E-5 hin, und ich werde immer die E-5 wählen. Wem letztere aber zu groß, zu schwer, zu klobig, zu schwarz, oder was auch immer ist, der findet in der E-M5 die elegantere Alternative.

(thoMas)
 
 
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