Logo DHW FototechnikAuch nach der Insolvenzanmeldung laufen Produktion und Service für Rolleiflex und Hy6, für Rollei 35 und Rolleivision ohne Unterbrechung weiter, sagte uns Hans Hartje, der Geschäftsführer der Braunschweiger DHW Fototechnik GmbH, der sich zuversichtlich zeigt, was die Zukunft angeht:

photoscala hatte auf der photokina in Köln Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Braunschweiger DHW Fototechnik GmbH, die Mitte August den Insolvenzantrag stellen musste.

photoscala: Welche unmittelbaren Folgen hat die Insolvenz-Anmeldung?

Porträt Hans Hartje

H. Hartje: Eine unmittelbare Konsequenz der Insolvenz-Anmeldung war die Absage unseres Standes auf der photokina 2014.

photoscala: Ist der Service für die in Braunschweig produzierten Kameras und Objektive der Marken Rollei 35 und Rolleiflex sowie der Rolleivision-Projektoren weiter gesichert?

H. Hartje: Sowohl die Produktion, als auch der Service am Standort Braunschweig laufen ohne Unterbrechung weiter. Neben der Hy6 Mod2, den beiden Film-Rückteilen und den Objektiven sind sowohl die vier zweiäugigen Rolleiflex-Kameras FX, FW, FT und FX-N, als auch die Rollei 35 und die Rolleivision-Projektoren in Produktion und lieferbar.

photoscala: Noch ist die Insolvenz nicht eröffnet. Welche Optionen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt?

H. Hartje: Die Möglichkeit, dass die Insolvenzeröffnung mangels einer das Verfahren tragenden Masse scheitert, scheint ausgeschlossen, sonst hätte der vorläufige Insolvenzverwalter weder unseren Besuch auf der photokina, noch die zahlreichen Reisen zu Gesprächen mit möglichen Investoren genehmigt.

photoscala: Wie soll es jetzt mit der DHW Fototechnik weiter gehen?

H. Hartje: Seit über einem Jahr sind wir im Gespräch mit verschiedenen möglichen Investoren. Dabei handelt es sich sowohl um Importeure, als auch Investoren, die unseren Importeuren nahestehen. Wir unternehmen alles, damit es gar nicht erst zur Insolvenzeröffnung kommt, sondern das Unternehmen DHW weitergeführt werden kann, ohne dass unsere Geschäftspartner einen Schaden erleiden.

photoscala: Und warum kam es gerade jetzt zur Insolvenz-Anmeldung?

H. Hartje: Da kamen mehrere Faktoren zusammen: so wurden im Bereich der Auftragsfertigung Stückzahlen nach unten angepasst, zudem haben sich die Verhandlungen mit Investoren über neue Projekte länger hingezogen als erwartet. Und dann kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man nach deutschem Recht den Gang zum Amtsgericht antreten muss.

photoscala: Sie erwähnen Auftragsfertigungen für Dritte. Welche Bedeutung haben diese Auftragsfertigungen heute?

H. Hartje: Die DHW kann am Standort in der Salzdahlumer Straße auf eine lange Entwicklungs- und Fertigungstradition zurückblicken. Wir haben in dieser Zeit eine beachtliche Kompetenz im Bereich der Feinmechanik und Optik aufgebaut und können heute aufgrund unserer Flexibilität Entwicklungsaufgaben und Fertigungsprozesse auch für kleine Stückzahlen realisieren. So waren wir für das Impossible Project tätig, haben hochwertige Objektive für Diaprojektoren produziert und aktuell ein 50-mm-Objektiv für eine T/S-Kamera entwickelt. Zudem fertigen wir in der Tradition der Rollei-Metric auch heute noch Komponenten für den amerikanischen Trimble-Konzern.

photoscala: Offensichtlich liegt die Stärke der DHW heute eher im Entwickeln und Fertigen als im Marketing.

H. Hartje: Da treffen Sie einen wunden Punkt. Im Marketing haben wir seit geraumer Zeit eine Schwäche. Wir dürfen die Marken Rollei 35 und Rolleiflex, die der Hamburger RCP-Technik gehören, nutzen und gehen davon aus, dass dies auch weiterhin möglich ist. Der Name DHW soll übrigens auch erhalten bleiben, damit sich die Kunden in dem Punkt nicht schon wieder umstellen müssen wie im Falle von Franke & Heidecke.

photoscala: Vor fünf Jahren hatte Franke & Heidecke (F&H) am gleichen Standort in der Salzdahlumer Straße 196 Insolvenz angemeldet. Was unterscheidet die heutige Insolvenzanmeldung von damals?

H. Hartje: Im Jahre 2009 war ein großer Teil der Produktionsmittel nur geleast und stand nicht im Eigentum der Produktionsgesellschaft. DHW ist heute Eigentümer der Anlagen und hat inzwischen auch die Teilevorräte vom Insolvenzverwalter der F&H gekauft.

photoscala: Was wurde eigentlich aus dem auf der letzten photokina vorgestellten Digitalverschluss?

H. Hartje: Der Verschluss liefert im Haltbarkeits-Dauerlauf mit einer Auslösung einer 1/1000 s pro Sekunde inzwischen 1,2 Millionen Auslösungen bis zur Zerstörung. Wir sehen vor dem Hintergrund der unsicheren Produktions- und Liefersituation bei den Zentralverschlüssen von Copal eine zunehmende Marktchance für unsere Systeme. Aus dem Verschlussmodul haben wir inzwischen auch ein kompaktes Blendenmodul entwickelt, das mit einer Einbautiefe von 20 mm auskommt.

photoscala: Wird das Hy6-System in Zukunft noch ausgebaut oder wird nur das laufende Sortiment weiter geführt?

H. Hartje: Wir hoffen in absehbarer Zeit mit unserem neuen 35-mm-Weitwinkel-Objektiv in die Produktion gehen zu können und planen noch weitere Festbrennweiten.

photoscala: Die Rolleiflex Hy6 Mod. 2 wird von Ihnen als analoge Kamera angeboten. Ist dies noch zeitgemäß?

H. Hartje: Die Mehrzahl unserer Kunden kauft die Hy6 mit analogem Film-Rückteil und kauft sich das passende Rückteil von Leaf dazu.

photoscala: Leaf bietet also die zur Hy6 passenden digitalen Rückteile an?

H. Hartje: Ja, es sind gerade unsere Importeure in Fernost, die mit Leaf einig geworden sind, die passenden Rückteile weiter zu produzieren.

photoscala: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt die DHW heute in Braunschweig?

H. Hartje: Derzeit haben wir 40 Mitarbeiter. Davon sind etwas mehr als 50 % in der Produktion tätig.

photoscala: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen dem Unternehmen viel Glück.

(Das Interview führte Christoph Jehle)
 
 
Siehe auch:
Rollei: Zurück zu den Anfängen – hin zu neuen Ufern
Neue Besitzverhältnisse bei Franke & Heidecke
DHW Fototechnik will Rollei-Klassiker produzieren
 

Nachtrag (23.9.2014; 13:22 Uhr): In der Einleitung war von „Insolvenz“ die Rede, wobei doch bislang erst die Insolvenzanmeldung erfolgt ist. Das wurde korrigiert.