Mit dem Art 20/1.4 hat Sigma das derzeit lichtstärkste Super-Weitwinkel für Kleinbild-DSLRs im Programm. Dabei ist das Objektiv nicht nur äußerst lichtstark, sondern will als Mitglied der hochwertigen Art-Familie eine „erstaunliche Abbildungsleistung“ bieten (so Sigma). Martin Vieten war einige Tage mit dem Art 20/1.4 an einer Nikon D800 unterwegs.

Nikon D800 mit Sigma Art 20/1.4 DG HSM

Selbst an einer nicht gerade kleinen Nikon D800 wirkt das Sigma Art 20/1.4 wuchtig.
 

Mein erster Kontakt mit dem Sigma Art 20/1.4 DG HSM lässt mich an einen Irrtum glauben: Das kann doch niemals eine Weitwinkel-Festbrennweite sein! So groß ist der Karton, aus dem ich das Objektiv schäle, so schwer liegt es in der Hand. Mit seiner Länge von rund 13 Zentimetern (inklusiver fest verbauter Streulichtblende) und dem Gewicht von knapp einem Kilo ist das Objektiv ein ziemlicher Brocken.

Zum Glück ist auch die Nikon D800 keine Spielzeugkamera, und so harmonieren Art-Objektiv und Nikon-DSLR gut miteinander. Die Kombination lässt sich jedenfalls problemlos handhaben. Zur guten Ergonomie des 20er trägt auch der breite, griffig gummierte Fokusring bei.

Dass das Art 20/1.4 so schwer und wuchtig geraten ist, liegt sicherlich einmal an der robusten Konstruktion: Die gesamte Objektivfassung ist aus Metall gefertigt, lediglich die tulpenförmige Streulichtblende besteht aus Kunststoff – der jedoch alles andere als klapprig wirkt. Aber auch die inneren Werte des Objektivs drücken auf die Waage. So ist ein doppelseitig asphärisches Linsenelement mit 59 Millimeter Durchmesser Teil des optischen Aufbaus, der aus nicht weniger als 15 Elementen in elf Gruppen besteht. Der Aufwand schlägt sich natürlich auch im Preis nieder – mit einem Listenpreis von ca. 1.050 Euro (Straßenpreis ab 900 Euro)  ist das Art 20/1.4 wahrlich kein Schnäppchen.

Sigma Art 20/1.4 DG HSM: Beispielbild

 

Sigma Art 20/1.4 DG HSM: Beispielbild

Bei Offenblende wie hier vignettiert das Art 20/1.4 kräftig.
Oben das Original, unten nach der Korrektur in Lightroom.

 

Ist das Art 20/1.4 denn auch eine lohnende Investition? An der Nikon D800 mit ihrem 36-Megapixel-Sensor bildet es jedenfalls schon einmal messerscharf ab – zumindest im Zentrum. Zu den Bildrändern lässt das Auflösungsvermögen dann doch sichtbar nach, solange nicht wenigstens auf f/8 abgeblendet wird. Die gleichmäßige Ausleuchtung des Bildfelds bei großen Blenden ist ebenfalls nicht so ganz die Sache des Art 20/1.4. Bei Offenblende beträgt die Vignettierung rund 80 Prozent – das ist schon heftig viel! Zugute halten muss man dem Objektiv aber, dass die Vignette sehr weich verläuft und so auf den ersten Blick gar nicht auffällt. Blendet man wenigstens auf f/5.6 ab, beträgt der Helligkeitsverlust zu den Bildrändern hin nur noch 20 Prozent – das ist noch messbar, aber nicht mehr sichtbar.

Sigma Art 20/1.4 DG HSM: Beispielbild

Am Bildrand (100%-Ausschnitt links unten) dürfte das 20er Art bei f/4 gerne noch etwas höher auflösen.
Im Bildzentrum (100%-Ausschnitt rechts unten) ist die Auflösung aber tadellos.

 

Gut im Griff hat das Art 20/1.4 Farbquerfehler. Farbsäume treten nur an den äußersten Bildrändern und -ecken auf. Sie sind relativ schmal und verschwinden ab Blende F/8 fast gänzlich. Hervorragend hat Sigma beim jüngsten Objektiv der Art-Serie Verzeichnungen korrigiert. Um überhaupt zu sehen, dass das Art 20/1.4 ganz leicht tonnenförmig abbildet, muss man schon streng geometrische Motive (oder ein Testchart) fotografieren. In diesem Punkt dürfte das Objektiv die meisten anderen 20er am Markt übertreffen.

Die von Sigma veröffentlichen Messkurven entsprechen meinem Eindruck: Das Art 20/1.4 vignettiert deutlich (links),
besonders bei Offenblende. Das MTF-Chart (rechts) zeigt den Auflösungsabfall zu den Bildrändern hin.

 

Beeindruckt war ich auch davon, wie wenig sich das Art 20/1.4 durch Gegenlicht oder harte Kontraste aus der Ruhe bringen lässt. Flares und Geisterbilder sind kein Thema, bei diesem Objektiv darf sich auch die Sonne im Bild befinden. Angesichts der riesigen, stark gewölbten Frontlinse hat mich das doch positiv überrascht.

Sigma Art 20/1.4 DG HSM: Beispielbild

Erfreulich: Auch heftiges Gegenlicht bringt das Art 20/1.4 nicht aus der Ruhe.
 

Mein Fazit

Dass Sigma mit dem Art 20/1.4 DG HSM keine halben Sachen möchte, demonstrieren schon die Anfass- und Verarbeitungsqualität des Objektivs. Auch die Abbildungsleistung fand ich ohne Fehl und Tadel – falls wenigstens auf f/5.6 abgeblendet wird. Bei größeren Blenden, vor allem nahe der Offenblende f/1.4 sind Vignettierung und Randabfall der Schärfe für meinen Geschmack zu hoch. Damit stellt sich allerdings die Frage: Was nützt ein 20/1.4, wenn es in der Praxis deutlich abgeblendet werden sollte? Möglich, dass der eine oder andere den ganz speziellen Look mag, der sich mit einem 20er bei Nahaufnahmen mit f/1.4 erzielen lässt. Mir würde allerdings ein leichteres und entsprechend günstigeres 20/2.8 völlig reichen – so es bereits bei Offenblende gut zu gebrauchen ist und ähnlich verzeichnungsarm abbildet wie das Sigma Art 20/1.4 DG HSM.

(Martin Vieten)